Kummerkastenantwort 2.209: Bin ich vielleicht trans?
Hallo liebes Queer-Lexikon Team,
erstmal vielen Dank, dass ihr diese Arbeit hier macht und so viele hilfreiche Informationen bereitstellt.
Meine Frage ist: Wo fang ich an und lohnt es sich überhaupt vorstellung zu werden?
(Ich hab die große Angst, das ich bei einer Beratungsstelle oder einem Therapeuten nur seine Zeit verschwende)
Meine Situation: Ich bin 31 Jahre alt, männlich geboren, und ein absoluter Spätzünder. Bis vor 1-2 Jahren hatte ich mit queeren Themen und Menschen keinen Kontakt, da ich in einem heteronormativen Umfeld großgeworden und geblieben bin. Durch Twitter, meine aktuelle Partnerin, und Formate wie RuPauls Dragrace, hat sich das aber stark geändert.
Während ich meine sexuelle Identität schon öfter hinterfragt habe, dachte ich das ich mit meinem Geschlecht durch bin.
Dann kam eine eigentlich simple Frage: „Was bedeutet dein Geschlecht für dich?“
Seitdem bin ich am überlegen und habe viel nachgelesen, mir Erfahrungsberichte von verschiedenen Personen angehört.
In den Berichten von Non Binären Personen aber auch Trans Frauen, habe ich vieles von mir wiedergefunden. Zum Beispiel (so viel die verbleibenden Zeichen zulassen)
– Mag Crossdressing und feminine Looks
-> Ersteres habe ich als Teen auch mehrfach gemacht, aber dann eingestellt weil ich Angst hatte zu weird zu sein.
– Bin oft neidisch auf Frauen und auch Trans Frauen aufgrund ihres Äußeren und ihrer „vermeintlichen Rolle“
-> das erste Mal hab ich das gespürt als Teen, da war ich neidisch auf Kim über deren Transition es ja eine Doku gab.
– Transformations geschichten begeistern mich bis heute und sowohl als Teen als auch heute würde ich die Frage „Wenn du ohne Konsequenzen als Frau wach werden könntest?“ mit Ja beantworten.
Aber da ich unter meinem gelesenen Geschlecht nicht offensichtlich leide, hab ich Angst mich da in etwas zu verrennen und mir selbst nur Dinge zu „confirmen“.
Vielen Dank für eure Zeit
Jan
Hey,
zunächst mal: Dir (therapeutische) Unterstützung zu suchen, ist immer okay, auch wenn es erstmal um die „ob“-Frage und noch gar nicht so sehr um das „wie genau weiter“ geht!
Und zu deinem möglichen Trans-Sein: Für mich liest sich deine Erfahrung durchaus so, dass du trans* bist und es sich lohnt, da den nächsten Schritt zu wagen, wie auch immer der für dich aussieht. Trans muss nicht bedeuten „Ich hasse meinen Körper und verzweifele 24 Stunden am Tag an ihm“! Das Gegenteil von Dysphorie wird „Gender-Europhie“ genannt: Dass Menschen sich ihres Geschlechts bewusst oder sicher werden in Momenten, in denen sie zum Beispiel (versehentlich) mit passendem Pronomen angesprochen werden, gemochte Klamotten tragen usw.
Und der Punkt mit dem Neid auf Frauen liest sich für mich schon auch nach einem gewissen Grad an „Leiden“. Aber: Es ist kein Wettbewerb, bei dem sich nur der*die Gewinner*in trans nennen dürfte.
Alles Gute
Vanessa