Kummerkastenantwort 2.447: Ich zweifle an meiner sexuellen Orientierung.
Hallo,
ich bin 19 Jahre alt und extrem verwirrt was meine Sexualität angeht. Seit mehreren Jahren habe ich mich als asexuell (und später aromantisch) identifiziert, ich war zufrieden damit habe es aber trotzdem niemanden erzählt. Seit 2 Jahren frage ich mich nun, ob ich nicht doch einfach Spätzünderin sein könnte und lesbisch bin. Der Gedanke mit einem Mädchen in einer Beziehung zu sein ist schön, aber ich weiß auch, dass ich noch nie verliebt war (auch wenn ich auf meine Kindheit zurückschaue finde ich nichts). Wenn ich es mir aussuchen könnte, dann wäre ich lieber lesbisch und würde asexualität und aromantiktum einfach ablegen.
Das Fragen, nimmt ganz schön viel Platz in meinem Kopf weg. Und ich weiß, dass ich experimentieren kann wenn ich möchte aber nicht wie und ich möchte die andere Person auch nicht verletzen, falls ich doch aroace bin.
Ich weiß auch, dass es nicht nur das Binärum von ja und nein (lesbisch oder aromantisch/ -sexuell) gibt, aber wie kann ich herausfinden wo ich mich in dem Spektrum dazwischen befinde?
Ich möchte, dass das Fragen aufhört, aber es geht jeden Tag weiter. Wie soll ich also mit dieser Situation umgehen?
Hallo,
es gibt so eine antike geheime Technik: Mit Menschen reden. Es kann immer sein, dass in einer Beziehung auffällt, dass die Bedürfnisse der beteiligten Personen für Romantik und Sexualität nicht so richtig zusammen passen. Das kann verletzend enden. Das kann aber in jeder Beziehung, egal mit welchen Unsicherheiten Leute in diese Beziehung reingegangen sind. Sich Zeit nehmen und drüber reden, ist aber die beste Chance, das einerseits gemeinsam rauszufinden, und andererseits Verletzungen hier zu vermeiden. Also: auch du kannst da experimentieren, und auch wenn dabei rauskommt, dass du aroace bist, ist das kein Untergang. Beziehungen können auch ohne gemeinsame romantische oder sexuelle Ebene sehr gut funktionieren. Been there, done that, doing that.
Das Konzept erstmal das ganze Spektrum zu kennen und da dann zu schauen, wo man da selbst genau rein passt, klingt sehr verlockend. Es ist strukturiert, aufgeräumt, logisch und lässt sich bequem schrittweise angehen. Das Problem ist nur, dass Labels und Menschen so nicht funktionieren. Rausfinden, wo dazwischen du bist, wäre in einer rein logischen Welt ein sehr gutes Vorgehen, ja. Aber diese Spektren sind leider kein Raum, den wir erstmal ausleuchten können. Das gute ist: eigentlich müssen wir auch alle nicht wissen, wo wir genau in diesem Spektrum unterwegs sind und wie das zugehörige Label am Ende heißt.
Und genau da würde ich versuchen einzuhaken: Leb. Probier Dinge aus ohne dazu in Frage zu stellen, ob das jetzt zu deinen Labels passt oder wie das alles funktioniert. Probieren geht hier über studieren, und leben über denken. Denken ist ganz witzig, macht auf Dauer aber auch nur Ärger.
Liebe Grüße
Xenia