Kummerkastenantwort 2.612: Ich mache mir Gedanken über mein Geschlecht

Hallöchen : )
Ich,w,habe mir schon länger über mein Geschlecht Gedanken gemacht.Ich hatte mal eine Phase,in der ich alles weibliche an mir gehasst habe aber auch auf keinen Fall männlich sein wollte,am meisten habe ich meine Brüste und Periode gehasst.Mittlerweile ist es nicht mehr so schlimm.An sich mag ich meine Brüste sogar manchmal,nur wenn ich dann Leute mit männlichem Körper sehe,bei denen das T-Shirt einfach vorne so runterhängt,dann hasse meinen Körper und will einfach nur genauso aussehen.Das mit dem auf keinen Fall ein männlich sein wollen(sowohl auf das Geschlechtsteil als auch auf die Bezeichnung ‘Mann’ bzw ‘Junge’)ist aber geblieben.Trotz,dass ich es oft genieße,mich weiblich anzuziehen und all diese von der Gesellschaft als mädchenhafte Sachen bezeichnete Dinge zu machen,durchzuckt mich jedesmal wie so ein Blitz voll Abneigung und Abschaum gegenüber dem Ausdruck und damit gemeint zu sein,wenn mich jemand als Mädchen bezeichnet.Ich will sie anschreien,mich nicht so zu nennen,aber die Frage wie sonst es sonst tun sollen,kann ich nicht beantworten.Natürlich habe ich auch schon mal darüber nachgedacht ob ich nicht nichtbinär bin,aber ich hab mich jedesmal gefragt,wie es sich anfühlt, weder weiblich noch männlich zu sein.Denn erstens mag ich es irgendwie tief in mir all die femininen Dinge zu tun,und zweites,das kann ich eigentlich nicht wirklich erklären, mag ich das label einfach nicht.Das fühlt sich nicht wirklich richtig an.Die Frage nach demigirl kann dann natürlich auch schon auf,aber irgendwie mag ich ich auch dieses Label nicht.Ich bin einfach nur verwirrt.Ich will Brüste haben um mich weiblich anzuziehen,ich will keine haben, damit mein Tshirt lose ist.Ich will mal Kinder bekommen, aber ich will keine haben,um nicht als Frau und weiblich abgestempelt zu werden. Ich will Kleider anziehen und mich wie eine Prinzessin fühlen,aber ich will nicht verdammt noch mal als typische Frau gesehen werden und auch einen fucking Anzug anziehen.

Hallo,

es ist bemerkenswert, wie differenziert du deine Gedanken und Reaktionen einordnen kannst! Gender und Geschlechterrollen sind komplexe Themen und möglicherweise ist Verwirrung keine komplett verkehrte Reaktion darauf. Ich versuche nun auf deine Wünsche Bezug zu nehmen:

Du brauchst nicht zwingend Brüste zu haben, um dich weiblich anzuziehen. Es gibt viele Frauen, die als sehr weiblich gelten und eine kleine Oberweite haben. Vielleicht kannst du für dich überlegen, was “weiblich” für dich bedeutet. Um deine Oberweite flacher erscheinen zu lassen, könnte ein Binder hilfreich sein.

Deine letzten Zeilen bringen mich auf folgenden Gedanken, den du für dich prüfen kann: Ist es möglich, dass du dich durch starre, patriarchale Geschlechterrollen persönlich eingeengt fühlst und deshalb auch frustriert?

Solche Gedanken bedeuten nicht zwangsläufig, dass du nicht binär bzw. trans bist. Es ist möglich Frau zu sein / sein zu wollen und gleichzeitig scheiße zu finden, welche Stereotypen und Normen das Frausein definieren. Du darfst auch eine Frau sein, die einen Anzug trägt und keine Kinder haben möchte, am nächsten Morgen kannst du ein feminines Kleid anziehen und romantische Filme schauen. Du würdest damit dir selbst alle Freiheiten herausnehmen, die einem Menschen zustehen.

Möglicherweise traust du dir das noch nicht zu, weil andere mehr oder weniger in bestimmten Schubladen denken. Das ist allerdings etwas, was du nicht verändern kannst. Es wird noch lange dauern, bis Geschlechternormen fallen. Möchtest du bis dahin die ganze Zeit spüren, was du möglicherweise beim Schreiben deiner Nachricht an uns gespürt hast?

Ich kann mir vorstellen, dass Experimente in dem Bereich dir helfen können, die konstruierten Grenzen auszureizen. Du könntest mit unrasierten Beinen durch die Stadt laufen oder auf der Arbeit ein Verhalten an Tag legen, was für dich unweiblich gilt. Das dürfen sehr kleine Sachen/Schritte sein.

Es kann sein, dass dir dabei auffällt, dass manche es nicht direkt bemerken und du möglicherweise feststellst “Es passiert nichts Bedrohliches, wenn ich den Rollen entkomme.”. Diese Beobachtung könnte dir vielleicht Mut machen für weitere Experimente, sodass du vielleicht feststellst, dass eine Selbstbehauptung als Frau möglich ist.

Es bedeutet nicht, dass ausnahmslos alle es gut finden werden, wenn sie sehen, wie du deinen Weg gehst. Möglicherweise wirst du es selbst so befreiend finden, dass es dir weniger wichtig wird, wie andere reagieren und vielleicht wirst du gleichzeitig auch mehr Menschen begegnen, die dich bzw. Frauen als selbstbestimmte Menschen wahrnehmen.

Falls du ein Label dafür suchst, könnte gender nonconforming dich vielleicht ansprechen.

Liebe Grüße,

Elizy

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