Kummerkastenantwort 2.817: Ich glaube, ich will mich in der Schule outen

Hallo,
ich weiß nicht, ob meine Frage noch früh genug beantwortet wird, aber wenn nicht ist das auch ok!

Ich bin 16, nicht binär (afab) und nutze seit einem Jahr eigentlich überall außer zuhause und in der Schule einen anderen Namen und er/they Pronomen. Allerdings habe und hatte ich schon immer mit Zweifeln, Imposter-Syndrom und der Angst davor, Dinge zu bereuen, zu kämpfen. Langsam habe ich ein bisschen mehr Selbstvertrauen und kann solche Gedanken als höchstwahrscheinlich unbegründet abstempeln.

Nächstes Schuljahr komme ich in die 12. und will mich auch gerne in der Schule outen, weil ich meinen Deadname echt nicht mehr (so oft) hören kann und will. Aber jetzt kommen meine Ängste wieder hoch. Was ist, wenn ich mich plötzlich doch unwohl mit meinem Namen fühle? Was, wenn ich irgendwann allen sagen muss, dass ich mich geirrt habe?

Zusätzlich habe ich keine Lust, allen erklären zu müssen, was nicht binär sein heißt. Die eine Hälfte der Leute wären sehr akzeptierend/wissen es schon und bei der anderen ist es schon schwer, als binär trans akzeptiert zu werden. Das heißt, ich würde mich wahrscheinlich als binär trans „ausgeben“ und nicht allen erzählen, dass das eigentlich nur halb richtig ist.

Außerdem habe ich bisher noch nicht mit meinen Eltern drüber geredet. Mein Vater akzeptiert mich nicht und ich würde es ihm nicht erzählen, meine Mutter schon, aber ich weiß trotzdem nicht, wie sie auf meine Pläne reagiert und langsam wird die Zeit knapp …

Hallo,

es ist großartig, dass du mehr Selbstvertrauen erlebst!

Es ist vollkommen okay, jederzeit deine Meinung zu ändern. Das verbieten sich viele Menschen, um meistens von anderen nicht abgelehnt zu werden.

Vielleicht kannst du überlegen: was würde ich tun, wenn es die anderen nicht gäbe? Was würde ich tun, wenn ich wüsste, andere sind auf meiner Seite?

Wenn du wirklich dich entschiedest, dass ein anderer Name passend ist, dann nehme den Raum ein und teile es mit. Möglicherweise wäre es hilfreich nicht zu grübeln, was andere denken: das weiß niemand zu 100 % und es wären ohnehin nur Meinungen. Wenn Menschen auf dich negativ zugehen, kannst du deinen Selbstvertrauen-Muskel noch mehr trainieren. Ein gutes Selbstwertgefühl bedeutet auch, sich aktiv dafür zu entscheiden, Kontakt mit Menschen abzubrechen, die einem nicht gut tun.

Du könntest dir vielleicht einen Anstecker/Pin mit deinen aktuellen Namen und Pronomen besorgen. Und zu erklären, was nicht binär sein bedeutet, muss nicht zu einer schweren Aufgabe werden. Wenn du möchtest, kannst du unsere Definition benutzen. Du könntest ein Screenshot vielleicht in einer Gruppe oder bestimmten Menschen teilen. Möglicherweise könnte es Sinn machen zu überlegen, wem erkläre ich mehr oder wem erzähle ich von meinem Erleben.

Du sprichst von deinen Plänen. Ich nehme jetzt an, du meinst damit den Namen und Pronomen. Du könntest ein Gespräch suchen, wenn du den Eindruck hast, du bist nicht in Gefahr. Was du dir gerade wünschst, kann leicht umgesetzt werden, auch von Menschen, die nicht viel Ahnung von Gender haben. Vorausgesetzt, der Wille ist da, dein Bedürfnis zu anerkennen. Das kannst du leider nicht erzwingen.

Manche Eltern sehen solche Bitten nicht so eng, andere haben stark mit eigenen Gedanken zu kämpfen. Da kann es helfen, mehr aufzuklären und geduldig zu sein. Es kann dauern, bis Menschen automatisch deinen gewählten Namen nutzen. Vielleicht, wenn du irgendwann ein gutes Gefühl bei deiner Mutter hast, könnt ihr gemeinsam mit dem Vater sprechen. Ein Comingout ist eine persönliche Entscheidung und keine Pflicht. Manchmal ist outen als unabhängiger Erwachsener einfacher.

Wenn es doch nicht gut läuft, schreibe uns gerne. Vielleicht in unserem Chat kannst du dich darüber austauschen.

Hoffentlich hilft dir das weiter!

Liebe Grüße,

Elizy

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3 Antworten

  1. Lilli sagt:

    Wie kann es sein, dass Du GENAU die gleichen Sorgen hast wie ich? :DDD

    Ich habe auch vor, mich eventuell in der Schule zu outen, und dann auf meine Genderidentität nicht genauer einzugehen, sondern einfach nur meinen Namen mitzuteilen, und eventuell auf Nachfrage weitere Infos zu geben. Ich finde, es geht andere Leute einfach nichts an, aber ich kann verstehen, wenn Du das anders siehst

    • Anonymous sagt:

      Hey, ich bins!
      Ich finde Labels tatsächlich auch eigentlich nicht so wichtig und es muss nicht jeder alles über mein Empfinden von Geschlecht wissen. Aber trotzdem will ich auch ungern einfach als binär trans* gesehen werden und halt evtl. auch they/them Pronomen verwenden, die ich erklären müsste.

  2. Anonymous sagt:

    Hey, ich bins, die Person aus dem Post!
    Die Schule hat wieder angefangen, allerdings habe ich mich bisher tatsächlich doch nicht geoutet. Der Grund dafür ist, dass ich nachdem ich den Post geschrieben habe, meine Namenswahl wieder mehr hinterfragt habe. Momentan ist es eine Achterbahn zwischen „mein Geburtsname ist ganz ok“ über „ich brauche einen Namen, der mehr geschlechtsneutral ist“ zu „mein momentaner gewählter Name ist voll ok“. Allerdings bin ich mir mit meinem Label relativ sicher. Tatsächlich weiß wahrscheinlich meine halbe Stufe eh schon, dass ich von meinen Friends bei dem gewählten Namen genannt werde und es verbreitet sich so halb unter der Hand, sodass einfach alle, inklusive mir verwirrt sind, wie sie mich nennen sollen und wer jetzt wie viel weiß.

    Die Sache mit meinen Eltern wurde ein bisschen falsch verstanden, ich habe mich bei ihnen geoutet und mein Vater hat scheiße reagiert und gesagt, für ihn gibt es keinen *Wunschnamen* und ich müsse zuhause *Deadname* bleiben. Meine Mutter versucht, mich zu unterstützen. Inzwischen habe ich ihr erzählt, dass ich mich in der Schule outen wollte.

    Ich muss einfach mal gucken, wie das ganze weitergeht und schauen, wie ich mit allem umgehe.

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