Kummerkastenantwort 4.826: Ich glaube mein Kind ist trans. Was soll ich tun?
Ich habe eine Frage als Elternteil und ich entschuldige mich, falls ich hier Begrifflichkeiten falsche verwende. Das ist nicht böse gemeint oder gar vorsätzlich, ich weiß es einfach noch nicht besser 🙁
Ich habe 3 Kinder. Das mittlere Kind ist bald 18 und seit bestimmt 4 Jahren trägt es sie Kleidung der Schwestern. Heimlich… holt es aus den Schränken und versteckt diese dann im eigenen Zimmer. Es hat ein Weilchen gebraucht, bis bei mir der Groschen gefallen war….
Seit dem versuche ich wonimmer es geht zu vermitteln, dass meine Kinder so wie sie sind gut so sind wie sie sind …
Leider ist es aber so, dass die Klamotten natürlich von den Schwestern vermisst wird und das wird immer mal wieder zur Belastung. Ich will mein Kind ja nicht outen, das sollte von ihm selber kommen aber es ist für mich eine große belastung dass die Kommunikation zu uns/mir und zu den Schwestern noch nicht offen ist …. ich denke dass es für alle eine große Erleichterung wäre, wenn zumindest in der Familie, dieses Versteckspiel ein Ende hätte.
Kann ich als Elternteil irgendwas tun, um ein cpming out zu ermöglichen…..
Bitte bitte nicht böse sein, dass ich das Frage…. ich möchte so gern unterstützen, aber wie kann ich das, wenn es bei der Heimlichkeit bleibt ….. er weiß doch dass ich es weiß …:-(
Hej,
das ist keine super präzise nachmachbare Anleitung, aber ich denke, das wesentliche, was du an der Stelle tun kannst – wobei die große Frage immer das wie ist – ist, dass du sehr deutlich machst, dass dein „ich akzeptiere meine Kinder wie sie sind“ explizit auch beinhaltet, wenn sie trans sind. Das mag für dich immer selbstverständlich sein, sowohl im Grundsatz der Akzeptanz als auch im Einschluss von Transgeschlechtlichkeitkeit, aber es ist nicht immer sicher, dass das bei allen, wo es ankommen sollte, auch so ankommt.
Und Coming Outs sind halt auch immer super individuell, genauso wie das Umfeld und die Atmosphäre die es bestimmten Personen erleichtern, ein Coming Out anzugehen. Für manche ist es vielleicht hilfreich, wenn sie wissen, dass andere Leute Dinge wissen. Andere setzt das im Zweifel eher unter Druck. Manchen signalisiert es Offenheit, wenn es öfter um queere Themen geht, an anderen geht das spurlos vorbei.
Und dabei auch immer offen halten, dass es für Dinge vielleicht Gründe gibt, die du (noch) nicht siehst. Ja, es ist für dich wahrscheinlich, dass dein Kind trans sein könnte, und es ist eine gute Idee, zu überlegen, wie du hier Sicherheit signalisieren kannst. Aber es könnte auch andere Gründe geben, die zu entsprechendem Verhalten führen. Was auch erstmal nichts schlimmes oder verkehrtes sein muss. Nur: solange deine einzige mögliche Erklärung ist, dass die Person trans ist, gibts immer mindestens hintergründig die Gefahr, dass du da jemand in eine Richtung redensartlich schubst oder projizierst, die tatsächlich gar nicht zutrifft.
Liebe Grüße
Xenia
Hey,
toll, dass du dein Kind unterstützen willst 🙂
Vielleicht brauchst du noch etwas Geduld? Dein Kind hat sein eigenes Tempo und es kann auch sein, dass es für sich selbst noch nicht sicher genug herausgefunden hat, wer es ist, um es mit anderen teilen zu wollen oder zu können.
Ich selbst habe jahrelang „gegengeschlechtliche“ Kleidung getragen, bis ich überhaupt auf die Idee gekommen bin, dass ich trans sein könnte. Und dann hat es noch ein paar Jahre gedauert, bis ich mir sicher war, was das in der Praxis für mein Leben heißt und wann, wie und vor wem ich mich outen will.
Wenn es aktuell die Konflikte um vermisste Kleidung gibt, ist es vielleicht eine gute Idee, zunächst für dieses isolierte, konkrete Problem eine Lösung zu suchen?
Falls das finanziell möglich ist, könnten deine Kinder z.B. ein Taschengeld erhalten, mit dem sie sich eigenständig Kleidung kaufen können?
Vielleicht braucht dein Kind ein eigenes amazon-Konto, um sich zu trauen, diskret die gewünschte Kleidung zu kaufen?
Oder du könntest abgelegte Kleidung von dir oder den Schwestern nicht sofort entsorgen, sondern den anderen Familienmitgliedern Gelegenheit geben, diese ungestört anzuprobieren und zu behalten.
Ansonsten kannst du versuchen, deinem Kind Zugang zur queeren Community zu ermöglichen.
Falls es in eurer Gegend trans-Selbsthilfegruppem oder queere Jugentreffs gibt, fällt dir vielleicht eine Möglichkeit ein, unauffällig Informationen darüber zu streuen?
Oder du besuchst selbst einen CSD (das geht ja auch als Ally) und bietest deinen Kindern an, dich zu begleiten?
Nur so ein Brainstorming 🙂
Alles Liebe, ihr werdet euren Weg sicher finden.