Kummerkastenantwort 5.186: Ich will nicht darüber reden müssen, dass ich trans bin
Hallo,
Ich bin seit einigen Jahren als Mann geoutet und beginne in einigen Monaten mit einer Testosteronbehandlung. Meine Hoffnung ist es, dass irgendwann niemand mehr weiß, dass ich trans bin. Ich habe das meinen Eltern (die mich vollkommen unterstützen) auch erklärt, aber ich bekomme immer wieder gesagt, dass das nicht gehen wird und dass man wissen wird, dass ich trans bin und dass ich mein „trans-sein“ akzeptieren muss.
Ich finde das richtig scheiße und würde sie am liebsten anschreien, dass ich ja nicht Trans bin, sondern ein Mann.
Meine größte Sorge bezieht sich im Moment aber auf die Schule. Es geht um zwei dinge:
Erstens darf ich zum neuen Schuljahr beim Sportunterricht in die Jungsumkleide, wofür ich super dankbar bin, aber ich habe auch Angst, dass das für ein Paar leute zu weit geht oder dass ein neuer Sportlehrer/ eine neue Leherin kommt, der / die mich nicht in die Umkleide lässt und ganz viele Andere horror szenarien.
Und außerdem haben die ja jetzt auf dem Lehrplan in Englisch Shakespear durch Identität und Sexualität ersetzt, was ich wirklich ziemlich scheiße finde. Erstens weil ich Shakespear mag und zweitens weil ich verdammt noch mal keine Lust habe in der Schule über den Dreck zu reden. Ich rede generell nicht gerne darüber. Ich habe Angst dass die Lehrer dann irgendwie doof zu mir rüber schauen oder mich fragen ob ich mal „meine Perspektieve erzählen will“ und am liebsten würde ich dann so tun als wüsste ich nicht, wovon die sprechen, aber dann fühle ich mich wie ein Lügner und die hälfte der Schule hat meine transition ja miterlebt und weiß eh bescheid. Ich fürchte es wird darauf hinauslaufen, dass ich nen Rappel kriege sowas sage wie „Sie können mich mal“, rauslaufe und dann noch mehr Probleme habe.
Tut mir leid, die Nachricht ist relativ lang… Danke für eure Mühe.
Hallo!
Ich kann sehr gut verstehen, dass du dir Sorgen über die Schule machst. Manche Lehrkräfte handeln willkürlich und sind einfach scheiße, und als Schüler*in hat man da nicht allzu viel gegen in die Hand. Aber: wenn du die offizielle Erlaubnis hast, in die Jungsumkleide zu gehen, dann kann da eigentlich auch niemand mehr was gegen sagen.
Dass du im Unterricht nicht über dein Trans Sein reden willst, kann ich auch sehr gut verstehen. Vielleicht wäre es eine gute Idee, vor Beginn der Unterrichtsreihe deine Lehrkraft beiseite zu nehmen und sie, zB nach der Stunde, einfach zu bitten, dich im Rahmen dieser ganzen Sexualitäts-Unterrichtsreihe nicht aufzurufen, weil du dazu nichts sagen möchtest. Niemand sollte dich dazu zwingen, darüber zu sprechen, wenn du nicht möchtest, und das gilt insbesondere auch für Lehrer*innen.
Das, was deine Eltern sagen, stimmt nur zum Teil. Klar, in der Schule werden alle wissen, dass du trans bist. Und es wird vermutlich im Laufe deines Lebens immer wieder Situationen geben, in denen Leute wissen, dass du trans bist, ohne dass du es preisgeben wolltest. Aber: bei fast allen trans Personen ist es so, dass das nach und nach eine immer untergeordnetere Rolle spielt, je länger die Transition zurück liegt. Man gewöhnt sich irgendwie einfach daran. Manche trans Personen haben auch einfach ein so starkes Passing, dass den meisten Menschen wirklich nicht auffällt, dass sie trans sind. Das gibt es durchaus, auch, wenn deine Eltern sich das nicht vorstellen können. Ich kann dir nicht versprechen, dass das bei dir auch irgendwann der Fall sein wird. Aber deine Hoffnung ist nicht komplett utopisch.
Ich wünsche dir viel Glück auf deinem Weg!
Elias