Kummerkastenantwort 5.306: Hat es mit Trauma zu tun, dass ich auf dem ASpec bin? Und ich bin verwirrt über mein Geschlecht

Lieber Kummerkasten,

Ich bin Mare (afab), 20 Jahre alt, meine Pronomen sind they/them und ich benutze jetzt seit einiger Zeit nichtbinär und aroace als Labels. Aber ich bin zurzeit irgendwie sehr am strugglen mit meiner geschlechtlichen, sexuellen und romantischen Identität. Ich habe schon vor vielen Jahren gemerkt, dass ich “anders” bin. Aber erst im Unmaskingprozess von Autismus, ADHS und k-PTBS habe ich richtig realisiert, dass ich nichtbinär und aspec bin. Leider habe ich gerade eine eher schwierige Situation und werde auch von meinen Eltern gedeadnamed und misgendered. Deswegen bin ich mir jetzt irgendwie nicht mehr so richtig wer ich eigentlich bin. Ich fand Geschlecht an sich als Kategorie schon immer sehr frustrierend, weil ich diese ganzen sozialen Normen einfach nicht verstehe. Aber in letzter Zeit macht es mich auch ziemlich wütend, wenn ich von den Menschen in meinem Umfeld in die Kategorie (weibliches) Geschlecht gepackt werde und würde gerne irgendwohin abhauen, wo Geschlecht keine Rolle spielt. Zu meiner sexuellen und romantischen Orientierung: ich bin halt ziemlich unsicher, ob ich wirklich asexuell und aromantisch bin, weil ein Trauma auch irgendwo damit zu tun hat. Also ich bin mir ziemlich sicher schon immer ace gewesen zu sein. Aber bei aromantisch bin ich mir nicht sicher, weil ich halt gerade sehr viel über meine eigenen Trauma Responses nachdenke und die eventuell auch da mit reinspielen. Denn eigentlich glaube ich hätte ich schon gerne Beziehungen, nur nicht so “typische” / “klassische”. Ist einfach alles so extrem verwirrend. Kennen Sie Label, die eventuell zu meinem Empfinden passen könnten?

Und dann weiß ich auch nicht wirklich, ob ich meinen Namen offiziell ändern soll, weil meine Eltern mir da ziemlich reingeredet haben. Ich glaube ich würde es schon gerne, aber weiß nicht, ob das nicht total Umstand ist.

Tut mir leid, dass ich hier so viel geschrieben habe.

Liebe Grüße und Danke fürs Durchlesen 🙂

Hi Mare,

Du musstest lange auf eine Antwort von uns warten, das tut mir leid.

Das klingt ganz schön verwirrend und frustrierend alles. Vielleicht fangen wir mal mit deinem Geschlecht an: Du merkst ja schon, was für dich nicht funktioniert und was sich nicht gut anfühlt. Vielleicht kannst du mal schauen, was sich in Bezug auf dein Geschlecht gut anfühlt? Das können Klamotten, Frisuren, Make-Up etc. sein. Vielleicht kannst du auch mal in einer queeren Jugendgruppe oder in unserem Regenbogenchat aufschlagen und mit Pronomen experimentieren? In Bezug auf deine Namensänderung: Deine Eltern können da viel reinreden, aber du bist über 18 Jahre alt und damit entscheidest das alleine du.

In Bezug auf deine sexuelle und romantische Orientierung: Das Problem ist natürlich: Gerade bei komplexer Traumatisierung lässt sich das Trauma nicht einfach von dir als Person und deiner Identität trennen. Bei vielen asexuellen und aromantischen Personen, die Trauma erlebt haben, ist das eine Frage. Aber vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig, woher deine Orientierungen kommen, sondern ob du ein gutes Leben führen kannst. Und das bedeutet: In Therapie die Dinge aufarbeiten, die dir im Weg stehen, die Art von Beziehung zu leben, die du leben magst und versuchen, deinen eigenen Weg zu definieren, wie Beziehungen für dich funktionieren können. An nicht-klassischen Beziehungslabeln gibt es z. B. queerplatonische, polyamore und offene Beziehungen.

Ich hoffe, das hilft ein bisschen weiter.

Liebe Grüße,

Annika

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