Kummerkastenantwort 360: Bin ich wirklich trans?
Hallo,
Ich bin 18 und seit ich 14 weiß ich, dass ich trans bin.
Mein ComingOut verlief nun aber relativ schlecht, es war unfreiwillig und meine Eltern haben mir klar gemacht, dass sie nicht glauben, dass trans sein etwas ist, das auf mich zutreffen könnte.
Dementsprechend lebe ich weitestgehend ungeouted, also vor allem in der Schule. Meine engeren Freunde und mein Partner wissen Bescheid, der Rest kennt Gerüchte, mehr nicht.
Ich habe mich damit abgefunden, bei meinem Deadname genannt zu werden und es fühlt sich inzwischen auch wieder ziemlich normal an, weil ich eben weiß, dass ich nichts daran ändern kann, bis ich ausgezogen bin.
Seit ein paar Wochen werden mir aber immer mehr Detransitioner Videos auf Youtube vorgeschlagen und -weil man ja sonst zurzeit nicht viel zu tun hat- ich gucke sie auch manchmal.
Seit dem habe ich Angst, dass ich eben auch garnicht wirklich trans bin und das meine Akzeptanz, gedeadnamed zu werden, das zum Beispiel indiziert. Ich bin nun noch immer nicht in der Nähe davon, meine physische Transition zu beginnen, trotzdem macht mir der Gedanke Sorgen.
Hallo,
über Detransitioning und Sicherheit
detransitioning ist auch in der queeren Community ein Thema, wo es sehr starke Meinungen dazu gibt. Ich stehe da relativ offen zu. Die Autonomie über den eigenen Körper steht für mich an erster Stelle und Menschen sollen die Möglichkeit haben, zu tun, was sie brauchen, um sich wohlfühlen zu können.
Diese Legende, dass Menschen sich einreden, dass sie trans sind, dann ganz viel Transition machen, nur um irgendwann wieder umzukehren, weil sie ich eingestehen, dass sie eigentlich nicht trans sind, halte ich für ziemlichen Unfug. Zum einen, weil es argumentativ darauf rausläuft, dass irgendwer bescheinigen muss, dass ich wirklich wirklich trans bin, bevor ich irgendwelche Transitionsmaßnahmen bekommen darf. Und zum anderen, weil es von einem Weltbild ausgeht, das Menschen keine Veränderungen zugesteht. Geschlecht kann sich verändern. Und wenn du heute trans bist und in 10 Jahren nicht mehr, sollst du dann 10 Jahre leiden und dich verleugnen? Das klingt für mich nicht schlüssig.
Wir wissen nur, was im hier und jetzt ist. Und wenn du im hier und jetzt Grund zur Annahme hast, dass du trans bist, dann darfst du das sein.
über Akzeptanz
dann ist da noch eine Sache aus deiner Frage, auf die ich gerne eingehen möchte. Die Gewöhnung daran, eben keine Transition bekommen zu können. Sozial sich damit anfreunden, gedeadnamed zu werden und medizinisch und gesellschaftlich auf den Tag X zu warten, nicht mehr von Eltern oder wem auch immer abhängig zu sein, die das eigene Trans-Sein nicht akzeptieren wollen, auf deren Unterstützung eins aber angewiesen ist.
Das sind extrem unbefriedigende Situationen, die zu extrem viel Frust und anderen unguten Dingen führen können. Und klar, manchmal ist da nichts zu rütteln, und jede investierte Mühe vergebens. Klar, Schulen sind Grenzen gesetzt, wenn es zum Beispiel um Zeugnisse geht, muss da im Zweifel ein Deadname drauf.
Trotzdem wollte ich dir vorschlagen, noch mal zu schauen, wo vielleicht was geht. Vielleicht kannst du mit eine*r Freund*in mal auf einige Lehrkräfte zu gehen und ausloten, ob die Schule da für dich ein besserer Ort sein kann. Vielleicht kannst du Informationen für deine Eltern zusammen tragen, oder mit sehr viel Geduld Zweifel ausräumen.
Bleib sicher und alles Gute
Xenia