Kummerkastenantwort 3.720: Wie gehe ich als queere Person mit Homofeindlichkeit um?
Hi, neulich meinte ein Mitschüler aus dem nichts er sei homophob und fände „sowas“ ekelhaft und er müsse sich davon übergeben. Da ich bi/lesbisch/demigirl (weiß nicht genau) bin hat mich das ziemlich hart getroffen. Er meinte dann auch noch wie man überhaupt hinterfragen kann auf wen man steht und das er will das diese Menschen verschwinden bis er und auch seine Kinder tot sind, er will ihnen sowas nicht antun. Ich war komplett überfordert, da wir uns sonst eigentlich ganz gut verstehen. Er hat dann noch homosexuell sein mit einen Baum lieben verglichen. Hab dann mega lang mit ihm diskutiert bis er gefragt hat vor der ganzen Klasse: „Hä, bist du gay oder was? Is sie lesbisch!?“ Hab dann nur gesagt das das nicht sein Problem ist und wir haben später noch mal geschrieben und ich hab ihm dann erklärt das ich grad selber bei all dem unsicher bin und das es mir deswegen so nah ging. Wollten noch mal in der Schule reden, er war aber nicht da, hab ihm dann geschrieben weil er meinte er wollte mir noch was sagen aber er hat nicht geantwortet. Hatte eigentlich den Mut mich vor der Klasse zu outen, jetzt aber nicht mehr. Heute hat auch eine aus meiner Klasse eine meiner besten Freundinnen aus der Parallelklasse beleidigt, weil sie bi ist. (Glaub hab einen Crush auf sie, is aber ein anderes Thema) Wusste das übrigens auch nicht bis sie das gesagt hat. Hab mich während der letzten Woche übrigens 2 Mal „ungewollt geoutet , einmal bei dem Typen und bei einer Freundin wegen der Situation mit dem Typen. Und ein paar andere haben das auch mitbekommen, als wir diskutiert haben aber ich weiß nicht ob sie es wissen. Also zusammengefasst: Wie gehe ich als queere Person mit homophobie um? Danke ❤️
Hallo!
Uff, das klingt ganz schön heftig. Es tut mir leid, dass du so einen Mist erleben musstest.
Es gibt nicht die eine richtige Strategie, mit so einer Situation umzugehen – und welche zu dir passt, musst du selbst herausfinden.
Aber im Prinzip gibt es zwei große Bereiche, in denen du handlungsfähig bist:
Du kannst dich erstens um dich selbst kümmern. Gib dir Zeit und Raum, dich von dieser Situation zu erholen, dich zu trösten, deine Wut rauszulassen (und zwar so, dass du weder dich noch andere in Gefahr bringst!), etc. Das kann z.B. folgendes beinhalten: ein langer Spaziergang mit deiner Lieblingsmusik , mit befreundeten Menschen darüber reden, deine Lieblingsserie zur Ablenkung anschauen, Tagebuch schreiben, einen Flummiball gegen eine Wand werfen, Sport machen, usw. In diese Kategorie fällt auch: Dir einen Raum zu suchen, in dem du sicher bist und in dem Menschen nicht queerfeindlich sind. Dazu bist du z.B. in unserem Regenbogenchat willkommen oder du kannst hier nach einer queeren Jugendgruppe in deiner Nähe suchen.
Zweitens kannst du in der Situation selbst reagieren – das hast du ja schon getan. Dazu bist du nicht verpflichtet – gerade, wenn es dich in Gefahr bringt, aber es kann auch ein gutes Gefühl sein, für sich und die eigene community zu stehen und sich nicht alles gefallen lassen. Es gibt auch kein richtiges oder falsches Erwidern von Queerfeindlichkeit – manche Menschen argumentieren mit wissenschaftlichen Fakten, andere Menschn nutzen Humor oder Anekdoten – das ist alles okay. Da kommt es darauf an, was eher dein Stil ist. Es könnte aber eine gute Idee sein, Freund*innen, denen du vertraust, mit ins Boot zu holen, damit sie dich in solchen Situationen unterstützen und bestärken können. Und vielleicht auch, wenn du einer erwachsenen Person Bescheid sagst (z.B. Vertrauenslehrer*in, Klassenlehrer*in oder Schulsozialarbeiter*in). Du musst damit nicht alleine klarkommen.
Ich hoffe, das hilft dir ein bisschen.
Liebe Grüße & Alles Gute,
Annika