Kummerkastenantwort 5.669: Ich transitioniere schon seit ein paar Jahren und bin immer noch unsicher und unzufrieden. Was jetzt?
TW: Dysphorie trotz Hormontherapie
Liebes Queerlexikon,
hier im Kummerkasten finden sich gefühlt viele Fragen von Personen zu Beginn ihrer Selbstfindung/Transition. Ich war nicht drauf vorbereitet, an dem Punkt jetzt immer noch so viel Unsicherheit mit mir rumzutragen. Vielleicht gibt’s keine Antworten auf meine Fragen, aber zumindest fühlen sich ggf. Personen in ähnlichen Situationen verstanden, wenn sie von meinem Struggle lesen.
Ich habe meine soziale Transition vor ca. 2,5 Jahren gestartet, bin seit 1,5 Jahren auf Testo und hatte vor einem halben Jahr meine Mastek.
Trotz Testo habe ich kein sicheres männliches Passing, was vor allem an meiner Stimme liegt. Ich habe nicht erwartet, dass das so lange dauert. Manchmal bin ich doch sehr am Verzweifeln. Vor Testo hatte ich zumindest die Hoffnung, dass Dinge besser und leichter werden. Teilweise sind sie das auch. Aber noch immer bin ich weit davon entfernt, entspannt durch die Welt zu laufen und mich darauf verlassen zu können, richtig gelesen zu werden.
Zum Teil liegt das auch daran, dass ich selbst die bisherigen Veränderungen noch nicht so richtig verarbeiten konnte. Wenn ich mich bewusst im Spiegel anschaue, bin ich manchmal positiv überrascht von den optischen Veränderungen. Im Alltag bin ich mir derer aber oft nicht bewusst, weshalb ich mich nach wie vor unwohl und unsicher fühle. Es ist, als wäre ein Abbild meines „Ichs“ von vor Beginn der Hormontherapie vor meinem inneren Auge eingebrannt und mein tatsächliches Aussehen heute schafft es noch nicht, dieses eingebrannte Bild zu verdrängen. Bzw. finde ich selbst auch immer noch so viele mutmaßlich „weibliche“ Züge an meinem Äußeren – vielleicht vergleichbar zu einer Person mit Essstörung, die sich beim Blick in den Spiegel immer zu dick vorkommt, obwohl das objektiv betrachtet vollkommen absurd ist. Bin ich allein mit diesen Gefühlen? Wird das irgendwann besser? Dürfte ich solche Struggle eigentlich gar nicht haben, wenn ich wirklich trans bin?
Vielen Dank 🙂
Hey!
Testo macht nicht unbedingt direkt alles super männlich. Es dauert seine Zeit – bei 1,5 Jahren ist noch lange nicht alles durch. Auch der Stimmbruch kann sich ziehen.
Bezüglich deines Körperbildes kann ich da jetzt natürlich schlecht ein Rating auf der Männlichkeitsskala geben. 😉 Das ist aber auch nicht Sinn der Sache. Aussehen ist ja mehr als Hormone – es ist auch Styling und Haltung. Plus du kennst natürlich auch das du von damals, das vielleicht mädchenhafter wirkte. Wenn du wirklich solche Probleme beim in den Spiegel schauen hast, dann solltest du womöglich dennoch eine Therapie in betracht ziehen, wo du lernen kannst, genau dieses Denken bei dir selbst zu erkennen und loszuwerden.
Das haben viele Leute! Auch viele trans Leute! Aber es wäre wichtig, damit nicht allein zu bleiben. 🙂 Das gilt nicht nur für Therapie, sondern auch für einen Freundeskreis mit vielen trans Leuten. Wenn du einen direkten, echten Vergleich kennst, der nicht die geschönte Insta-Realität ist, hilft das schon echt viel!
Ich wünsche dir alles Gute!
Liebe Grüße,
Kim