Kummerkastenantwort 6.077 – Wie funktioniert das mit dem Offenbarungsverbot?

Hallo, wie steht es um das Offenbarungsverbot nach der Änderung gemäß Selbstbestimmungsgesetz? Wer kann mein Vorleben sehen oder abfragen, welche Behörde, unter welchen Umständen etc.?

Ich habe kürzlich bei der Polizei negative Erfahrungen gemacht. Als erstes wurde ich damit konfrontiert, ich sei die xx (samt Nennung des alten Namens). Wegen noch nicht vollständig geänderter Dokumente hätte ich die Arbeit der Polizei erschwert. Die Namensänderung war keinen Monat alt, Ausweis und Führerschein waren bereits geändert. Kranken-,Rentenversicherung, Bank etc. noch nicht. Bedeutet das, jeder Polizist bei einer Verkehrskontrolle kann auch über mein Vorleben erfahren und mich bloßstellen („Das ist ja gar kein richtiger Mann“)? Bekomme ich Probleme bei der Einreise in ein anderes Land der EU? Muß ich mein Vorleben für eine Aufenthaltgenehmigung in einem anderen EU-Land offenlegen? Wahrscheinlich könnt ihr euch denken, das ich darauf keine Lust habe. Ich lebe seit meiner Kindheit als Junge/Mann, nur ohne offizielle Papiere. Ich sehe, abgesehen von meiner Körpergröße, nicht weiblich aus. Ich würde mich freuen, wenn ihr mehr wißt als ich und meine Frage beantworten könnt. Vielen Dank

Hallo,

der Polizei kann völlig egal sein, welcher Name auf deiner Bankkarte oder sonst wo steht. Du erschwerst auch nicht deren Arbeit, weil, wenn du aus irgendwelchen Gründen ermittelt werden sollst, hast du vermutlich wie die meisten anderen Leute auch, Fingerabdrücke, ein Gesicht andere eindeutige Merkmale. Da haben ein paar Cops copbedinge behauptet, ich bin kein Fan, wir bräuchten dringend eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung nicht nur damit, was Polizei dürfen können soll, sondern auch darüber, wie sie auftreten soll. So erstmal dazu.

Polizei kann bei üblichen Kontrollen über verschiedene Informationssysteme Daten zu kontrollierten Personen abfragen. Dabei gehts in der Regel drum, wer Halter eines Fahrzeugs ist, wie eine Person heißt, wo sie wohnt, ob es Vorstrafen oder offene Haftbefehle gibt. Die Daten stammen aus Polizeidatenbanken, aber beispielsweise auch aus dem Einwohnermeldeamt. Worüber genau sich hier ergeben hat, dass die Cops deine alten Daten hatten, weiß ich nicht. Waren aber auch völlig unnötig in dem Fall.

Wenn du die deutsche Staatsbürgerschaft hast, brauchst du keine Aufenthaltsgenehmigung für andere EU-Staaten, und ohne Genehmigung auch keine Offenlegung von irgendwas.

Im Standesamt, beziehungsweise im Geburtenregister ist immer nachvollziehbar, wer Vornamen und Geschlechtseinträge geändert hat. Da kommt aber in der Regel niemand dran. Und an allen anderen Stellen sollte in der Regel das Offenbarungsverbot schützen. Da es aber einerseits sehr dünn und quatschig ausformuliert ist und andererseits einfach die rechtliche Präzedenz fehlt, gibt es im Prinzip nur sehr wenig, wovon man definitiv sagen kann „das darf man wirklich nicht“ und selbst wenn: Ein Verbot kann Dinge nicht verhindern, kann nur rechtsstaatliche Sanktionen ermöglichen. (Sonst gäbe es ja auch nie Diebstahl, Mord, oder Beleidigungen.) An der ganzen Misere hat sich durch das SBGG im wesentlichen auch nichts geändert, nur dass ein paar Dinge jetzt genauer im Gesetz stehen, aber die sind immer noch super unkonkret. Das ist alles super unbefriedigend, ich weiß. Ich wünschte, ich könnte dir da klarere und bessere Informationen zu geben.

Viele Grüße
Xenia

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