Versachlichung Teil 4: Von drakonischen Strafen
Sarah setzt sich zusammen mit ihrer Frau bei den Grünen für das Selbstbestimmungsgesetz ein. Dafür hat sie sich viel mit dem Gesetzentwurf und den transfeindlichen Gegenargumenten beschäftigt. Dass die häufigsten Einwände und Gegenargumente jeglicher Fakten entbehren zeigt sie in dieser Reihe. Für Feedback und Kommentare könnt ihr sie unter sarah@queer-lexikon.net erreichen.
Die Situation für trans Personen hat sich in den letzten Jahren stark verbessert, auch wenn „stark verbessert“ immer noch größtenteils sehr schlecht ist. Trans Personen finden auch durch soziale Medien, mehr Gehör. Leider gilt das auch für Transfeind*innen. Die Gesetzentwürfe zu einem Selbstbestimmungsgesetz von der FDP und den GRÜNE, die enorme Verbesserungen bringen würden, rufen jede Menge Transfeind*innen auf den Plan, die diese Gesetze verhindern wollen. Diese geben vor, für den Schutz von Frauen und Kindern zu kämpfen, aber in Wirklichkeit sind sie nur von Hass auf trans Personen getrieben. Zum Glück sind sie nicht besonders kreativ und bringen immer wieder die gleichen Argumente. Die Häufigsten werden hier aufgeführt und mit Studien, Zahlen und Fakten widerlegt. Und das in der Sachlichkeit, deren Fehlen trans Personen immer vorgeworfen wird, die Transfeinde bisher aber noch nicht vorzuweisen geschafft haben. Die meisten Argumente beziehen sich auf die Entwürfe zum Selbstbestimmungsgesetz, das allerdings 2021 im Bundestag abgelehnt wurde, ergänzend dazu gibt es noch ein paar, die vor allem von TERFs (Trans Exclusionairy Radical Feminists) häufig gebracht werden.
These heute: Aus Versehen den falschen Namen zu verwenden, wenn man sich noch nicht umgewöhnt hat und das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft ist, kann mit 2500€ Strafe belegt werden.
Ordnungswidrigkeit: falsche Namen verwenden
§ 7 Selbstbestimmungsgesetz
(1) Ordnungswidrig handelt, wer, ohne hierzu berechtigt zu sein, vorsätzlich oder fahrlässig […]
3. den zuvor geführten Vornamen oder den früheren Nachnamen verwendet oder sich auf die vorherige Geschlechtszugehörigkeit bezieht.
Aus dem Grünen Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz
Im Gesetzestext ist eindeutig die Fahrlässigkeit Voraussetzung für eine Geldstrafe. Fahrlässig handelt nicht, wer 2 Tage nachdem ein Kollege sich geoutet hat, ausversehen den Falschen Namen verwendet. “Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr (im Sinne von Interaktion) erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 BGB)”. Das heißt, man muss sich bemühen, trans Personen nicht zu misgendern, damit es aber zu einer Strafe kommen kann, muss nachgewiesen werden, dass die notwendige Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Dies geschieht in einem Gerichtsverfahren, das vermutlich langwierig und teuer ist. Und dann erst mal gewonnen werden muss. Ein “Frau XY, Entschuldigung, ich meinte Herr XY” wird kaum Anlass sein, ein solches Verfahren anzustreben.
Doch Misgendering ist verbale Gewalt und damit auch zu Recht strafbar. Aber so wie kaum jemand ein Gerichtsverfahren starten wird, weil ihr*ihm auf den Fuß getreten wurde, sehr wohl aber, wenn jemand von einem Auto angefahren wurde, dessen Fahrer*in gerade vom Smartphone abgelenkt war, wird ein versehentliches Misgendern kein Gerichtsverfahren nach sich ziehen und sicher nicht gewonnen werden, wenn aber jemand konsequent den falschen Namen verwendet, ist das schon eher denkbar.