Kummerkastenantwort 1.305: Ich bin genderqueer und transsexuell?

Hallo,
ich bin was wohl am ehesten als non-binary genderqueer bezeichnen würde, habe aber das starke Gefühl transsexuell zu sein. Ich meine damit ganz spezifisch die physischen Geschlechtsmerkmale. Ich war schon einmal in psychologischer Behandlung deswegen, konnte damals meine Gender Identität aber noch nicht festlegen. Wie soll ich einen Alltagstest als “Frau” machen, wenn ich mich nicht dem weiblichen Gender angehörig fühle, sondern nur die weiblichen Geschlechtscharakteristika als für mich passend empfinde?

Hallo du,

ich bin mir nicht ganz sicher, wie genau du die Begriffe “nonbinary genderqueer” und “transsexuell” für dich definierst. So, wie ich deine Nachricht verstehe, würde ich folgendes deuten: Du bist nichtbinär und möchtest gerne Zugang zu medizinischen Maßnahmen wie Hormonen und Operationen, die dir nach außen hin ein feminineres Erscheinungsbild geben. Habe ich das richtig verstanden?

Dazu kann ich zuerst mal sagen: Alle nichtbinären und genderqueeren Menschen sind unterschiedlich. Manche von uns wollen OPs und Hormone, andere nicht. Manche von uns bezeichnen sich als trans (oder transgender, oder selten auch mal transsexuell), andere nicht. Nonbinary an sich sagt noch nichts darüber aus, wie eine Person aussehen möchte oder welche Maßnahmen sie ergreifen möchte. Und auch der Begriff “trans” sagt nichts über die physischen Geschlechtsmerkmale einer Person aus, oder darüber, ob eine Person diese Merkmale ändern möchte. Manche trans Menschen machen OPs und nehmen Hormone, andere nicht, wieder andere nutzen manche medizinische Maßnahmen, lehnen aber andere ab. Keiner dieser Begriffe schreibt dir vor, wie dein Körper aussieht oder wie du ihn gestalten willst.

Mein Vorschlag ist, dass du einen Therapieplatz bei einer Person suchst, die schon Erfahrungen mit nichtbinären Patient*innen hatte oder diesen zumindest offen ist. Der “Alltagstest” gilt in den meisten trans Communities als veraltet und diskriminierend, weil er von trans Menschen fordert, sich in eine eng vorgeschriebene Rolle reinzuzwängen, bevor sie Zugang zu Maßnahmen kriegen, die ihnen dabei helfen können, sich sicher und wohl dabei zu fühlen. Viele Therapeut*innen heute fordern keine Alltagstests in dieser Form mehr, sondern begleiten eher den inneren Prozess und helfen dir dabei herauszufinden, welcher Weg für dich der richtige ist. Geeignete Therapeut*innen kannst du z.B. über trans Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen, Stammtische etc. in deiner Umgebung finden.

Viel Glück und Erfolg dabei und alles Gute!
Balthazar

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