Bundestag: Queerpolitischer Doppelpack eingetütet

Von unserer Blogleitung Xenia, die jetzt erstmal los muss und sich ein veganes Eis zum Feiern suchen wird.

Heute, am 12. April, hat der Bundestag in gleich zwei verabschiedeten Gesetzen queerpolitisch Weichen gestellt.

Das Selbstbestimmungsgesetz in Bezug auf den Geschlechtseintrag und das Gesetz zur Änderung des Ehenamens und Geburtsnamensrechts sind beide angenommen worden.

Wir fassen die Änderungen zusammen und erklären, wann was davon in Kraft treten wird.

Selbstbestimmungsgesetz

Das haben auch wir über die Entstehungsgeschichte begleitet und lange erwartet. Im Kern regelt es die Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag für trans, nicht-binäre, inter und geschlechtslose Personen.

Das Verfahren: Das Selbstbestimmungsgesetz sieht ein zwei-schrittiges Verfahren vor. Im ersten Schritt gibt es eine Art Voranmeldung beim Standesamt und nach 3 Monaten kann dann die eigentliche Änderung beantragt werden.

Die genaue Ausgestaltung dieser Verfahren obliegt den Bundesländern, es könnte also zur Situation kommen, dass es am Ende 16 verschiedene Regelungen gibt, wie der Ablauf genau sein wird.

Erwachsene Personen brauchen nichts weiter um den Antrag zu stellen, Jugendliche müssen nachweisen, dass sie von einer Fachperson beraten worden sind. Fachpersonen sind hier unter anderem kinder- und jugendpsychotherapeutische, kinder- und jugendpsychatrische, und psychologische Fachpersonen. Auch Personen aus der öffentlichen und freien Jugendhilfe können entsprechende Beratungen durchführen.

Nach erfolgter Änderung können auch Dokumente und Zeugnisse auf Verlangen auf die neuen Daten ausgestellt werden.

Durch die Dreimonatsfrist werden inter Personen schlechter gestellt als bisher, da Anträge nach der noch aktuellen Rechtslage für sie keine solche Frist kennen.

Das Gesetz benachteiligt auch Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft und Personen, die bisher einen männlichen Geschlechtseintrag haben: Deren Anträge könnnen auch zwei Monate Nachhinein für ungültig erklärt werden, falls die Aufenthaltsgenehmigung erlischt oder falls es zum Verteidigungsfall kommt. Ob diese Regelungen verfassungsrechtlich Stand halten können, kann angezweifelt werden.

Vorankündigungen können ab dem 1. August beim Standesamt angemeldet werden, die eigentliche Erklärung ist ab November möglich.

Gesetz zur Änderung des Ehenamens und Geburtsnamensrechts

Dieses Gesetz liberalisiert die Nachnamensführung, hauptsächlich geht es um Möglichkeiten zur Ehe, wie Doppelnamen gebildet werden, und wer sie führen kann.

Es gibt aber auch Regelungen für Nachnamen aus anderen Kulturen, die einen Hinweis auf das Geschlecht geben. Das gibt es zum Beispiel im dänischen, friesischen oder sorbischen, in einigen Staaten Osteuropas und in verschiedenen skandinavischen Staaten. Auch hier wird eine Anpassung möglich sein.

Beispielsweise im Zuge der Eheschließung: Wenn eine Frau Mayer also einen Herren Dottirson heiratet, kann sie statt Dottirson als Namen zu übernehmen auch Dottirsdottir wählen.

Entsprechende Änderungen müssen jeweils den entsprechenden kulturellen Vorgaben oder dem Recht der Staaten des üblichen Aufenthaltes folgen. Völlig freie Änderungen werden nicht ermöglicht.

Ebenso können Personen, die entsprechende Namen mit entsprechendem Ursprung haben, diese einmalig unabhängig von einer Ehe anpassen lassen. Beispiel: Eine Person aus der friesischen Minderheit wird sich nun ihren Mittelnamen amtlich eintragen lassen können

Die Änderungen treten zum 1. Mai 2025 in Kraft.

Fazit

Wir begrüßen beide Gesetze und deren Neuregelungen ausdrücklich, viel davon ist lange überfällig. Lebensrealitäten von Menschen werden endlich einfacher anerkannt. Gut.

Gerade bei den Nachnamen finden wir sehr schön, dass es kein Sondergesetz für trans Personen wurde, sondern schlicht in dem Gesetz gelandet ist, das Dinge für Nachnamen regelt. Das bedeutet zwar rein juristisch in der Sache keinen Unterschied, aber es normalisiert uns.

Am Ende sind es immer noch Sonderregelungen für spezifische Gruppen. Liberaler und freiheitlicher und einfacher wären schlicht Regelungen, nach denen alle ihre Registerdaten auf einfachen Antrag anpassen lassen könnten.

Und auch unabhängig davon sind wir hier nicht fertig. Queere Menschen haben nicht nur einen Namen und einen Geschlechtseintrag – aber nur die wurden jetzt rechtlich besser geregelt. Lesbische Paare haben leibliche Kinder, die sie selbst adoptieren müssen. Mehrelternschaften kennt das Gesetz genauso wenig wie eine Absicherung adäquater Gesundheitsversorgung für trans Personen. Ein Rechtsanspruch auf unabhängige Beratung für trans, inter, nicht-binäre und geschlechtslose Personen, deren Angehörige, Unternehmen und Schulen, … allen, wäre auch noch auf der Liste.

Es bleibt noch einiges zu tun. Darum werden wir uns kümmern. Morgen oder so. Heute sind wir erstmal erschöpft und auch ein bisschen glücklich.

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