Enby Q&A 26

Willkommen zur zweiten “Staffel” Enby Q&A. Wir veröffentlichen hier jeden Mittwoch eine Frage und Antwort (“Q&A”) zu Nicht-Binären (“Enby”) Geschlechtern. Unser_e Gastautor_in ist Sasha. Es ist nichtbinär, das bedeutet, dass es weder männlich noch weiblich ist. Zu diesem Thema erreichen es immer wieder Fragen, die wir hier mitsamt den Antworten veröffentlichen dürfen. Sasha betreibt außerdem die Webseite https://geschlechtsneutral.wordpress.com

Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich keine Frau sein will, aber ich bin mir nicht sicher, ob das einfach nur internalisierte Misogynie ist oder ich eigentlich ne andere (oder keine) Geschlechtsidentität haben will. Kann man das irgendwie auseinander halten?

Oh das ist eine gute Frage! Ich find das auch voll schwierig.

Ich meine, total viele Menschen sind mit sich unzufrieden und mögen diverse Stereotypen nicht, die ihrer Identität zugeschrieben werden. Woher soll ich wissen, ob das jetzt internalisierte Misogynie bzw. internalisierte toxische Maskulinität ist, oder persönliche Dysphorie?

Eine Person schlug mal folgenden Trick vor: Wenn du merkst, dass du etwas stereotyp feminines/maskulines für dich ablehnst, dann stell dir vor, dieses Attribut würde stattdessen zu einer dir lieben Person gehören, von der du weisst dass sie weiblich bzw. männlich ist.

Ist es dir immer noch unangenehm? Dann ist es vermutlich Misogynie / toxische Maskulinität.

Ist es für andere Leute ok oder neutral, und bloss auf dich bezogen unangenehm? Dann ist es vermutlich Dysphorie.

 

Ich finde das schwierig zu unterscheiden, aber vielleicht hilft es dir!

Meine Strategie ist eine andere: Geh nicht danach, was sich SCHLECHT anfühlt, sondern geh danach, was sich GUT anfühlt! Und zwar am besten nicht nur alleine mit dir selbst, sondern auch im Vergleich mit anderen Leuten.

Also, was genau stört dich am Frau sein? Oder eher: Welches Bild vom „Frau sein“ und welche Erwartungen ans „Frau sein“ spürst du, die nicht zu dir passen?
Wenn du etwas konkretes gefunden hast, dann nimm es raus. Dann bist du eben gender non-conforming weiblich. Vielleicht bist du eine burschikose Frau. Oder eine Frau die eben nix mit Schuhen anfangen kann. Oder eine lesbische Frau. Oder eine Frau ohne Uterus. Oder eine nicht-einfühlsame Frau. Und so weiter. Egal was es ist, was du mit „Frau sein“ aber nicht mit DIR assoziierst – nimm es gedanklich raus, und guck wie sich das anfühlt.
Denn ja, NICHTS davon ist fürs Frau sein tatsächlich eine Voraussetzung. Auch wenn uns die Gesellschaft das leider sehr oft einreden will.

Und genau so kannst du auch alles andere durchtesten. Fühlt es sich gut an, dich als Mann zu bezeichnen? Fühlt es sich gut an, zu sagen „ich habe kein Geschlecht“? Oder zu sagen „ich bin nichtbinär“? Und so weiter.

Achtung, „gut anfühlen“ heisst nicht unbedingt, dass sich sofort Glücksgefühle einstellen!
Bei vielen Leuten fühlt sich alles „falsch“ an, und das was korrekt ist fühlt sich „neutral“ an – also einfach nicht-falsch oder am wenigsten falsch.
Es kann auch gut sein, dass es eine Weile dauert, weil sich das meistens anfangs eh alles mal ungewohnt anfühlt.

Darum das mit den anderen Leuten: Probier solche Labels (und Pronomen, falls das was für dich ist!) in einer kleinen Gruppe von Menschen aus, denen du vertraust. Weih sie ein, und probier mal 2-3 Wochen aus, wie es sich anfühlt.

Vielleicht kannst du so erspüren, was für dich das richtige ist :3
Viel Glück und viel Spass dabei!