Bi+sexualität

Auf dieser Übersichtsseite findest du eine kurze Definition zu Bi+sexualität, die bi+sexuelle Pride Flag und was sie bedeutet, einen ausführlichen Artikel zu Bi+sexualität von Robin und weiterführende Links und Bücher zum Thema. Wenn du noch Fragen hast, schreib uns eine Nachricht – z.B. über unseren anonymen Kummerkasten.

Kurzdefinition

Bi+sexuell, B+isexualität / bisexual, bisexuality: Eine bisexuelle Person fühlt sich romantisch und/oder sexuell zu Menschen zweier oder mehrerer Geschlechter hingezogen. Allerdings sind Definitionen von Bisexualität sehr verschieden und umstritten. Das ‚+‘ drückt diese verschiedenen Definitionen aus und zeigt, dass bi+sexuelle Menschen sich zu Menschen mehrerer, vieler oder aller Geschlechter hingezogen fühlen können.

Pride Flag

[Das Bild zeigt die Pride Flag für bisexuelle Menschen. Sie besteht aus drei horizontalen Streifen, wobei der obere und der untere deutlich größer sind als der mittlere. Die Farben von oben nach unten: Pink, Lila und Blau.]

Die Pride Flag für bisexuelle Menschen wurde 1988 von Michael Page entworfen. Er wollte der bisexuellen Community damit ein eigenes Symbol geben und die Sichtbarkeit von bisexuellen Menschen in der queeren Community und der Gesellschaft erhöhen. Der pinke Streifen steht für die gleichgeschlechtliche Liebe, der blaue für die Liebe zu einem anderen Geschlecht und der lilane Streifen in der Mitte steht für die Liebe zu einem Menschen egal wo dieser sich auf dem Geschlechterspektrum befindet.[Quelle: http://www.symbols.com/symbol/bisexual-pride-flag]

Was ist Bi+sexualität?

Diesen Artikel hat Robin geschrieben. Wir wollen den Artikel gerne bald überarbeiten und vereinfachen, damit ihn auch alle verstehen können.  Robin schreibt „Frau*“ und „Mann*“ mit einem (*) – das tun wir nicht, haben aber Robins Schreibweisen so übernommen. Wir danken Robin für die gute Zusammenarbeit!

Bi+sexualität, als sexuelle Orientierung, umfasst die emotionale, romantische und sexuelle Attraktion zu mehr als einem Geschlecht (BiNe – Bisexuelles Netzwerk e. V., n.d.). Bi+sexualität ist einerseits von Unsichtbarkeit bzw. fehlender Repräsentation geprägt und anderseits Zielscheibe diverser Diskriminierungen und antiquierten Stereotypisierungen. Dabei muss sich Bi+sexualität grundsätzlich ständig beweisen, um als eigenständige, gleichwertige sexuelle Orientierung wie Homosexualität und Heterosexualität anerkannt zu werden. Zum einen wird sie als Phase deklariert, an die sich eine eindeutige Kategorisierung zu Homo- oder Heterosexualität anschließen muss. Zum anderen wird durch die psychoanalytische Konstruktion, dass alle Menschen bi+sexuell sind, eine unabhängige bzw. eigenständige Identifikationsoption genommen, da Bi+sexualität als impliziert gilt. Die anfängliche terminologische Unbestimmtheit, eine daraus folgende politische sowie historische Vergessenheit und die akademische sowie insbesondere queere Ignoranz gegenüber Bi+sexualität führten zur Unsichtbarkeit jener sexuellen Orientierung.

Die Definition von Bi+sexualität ist abhängig von der historischen Ausrichtung sowie akademischen Disziplin und steht in Korrelation mit vorherr*schender Identitätspolitik sowie politischem Aktivismus. Malcolm Bowie (1992) fasste drei Hauptstränge einer Bi+sexualitätsdefinition zusammen. Demnach repräsentiert Bi+sexualität zum einen eine Koexistenz der inkorporierten binären Genderordnung innerhalb des Individuums. Zum anderen wurde der Terminus als Synonym für ‚Hermaphroditismus’ verwendet. Der dritte Definitionsstrang, der sich am meisten durchgesetzt hat, ist die Bedeutung von Bi+sexualität als sexuelle Orientierung, welche die romantische, sexuelle und emotionale Anziehung zu sowohl Frau*en als auch Männ*ern bezeichnet (Hemmings, 2002, S. 22). Das Präfix „Bi“ besitzt drei theoretische Konnotationen: 1) die biologische oder anatomische Bedeutung von Weiblichkeit und Männlichkeit (sex); 2) die psychologisch weibliche und männliche Identität (gender); und 3) die Überschneidung von Homosexualität sowie Heterosexualität als dritte Binarität (sexual desire) (Storr, 1999, S. 3).

Die Geschichte der Erforschung von Bi+sexualität beginnt mit den Wissenschaftsfeldern Psychiatrie, Psychoanalyse und Sexologie. Im 19. Jahrhundert definierten Richard von Krafft-Ebing und später Havelock Ellis Bi+sexualität als sexuellen Dimorphismus. Die Pathologisierung von Bi+sexualität wurde durch Sigmund Freud fortgeschrieben, welcher Bi+sexualität als ‚[in]stabile Sexualität bei gesunden, reifen Erwachsenen’ kategorisierte (Pennington, 2009, S. 70). Grundsätzlich definierte Freud Bi+sexualität als ‚bloße Entwicklungsphase in der Kindheit’. Alfred Kinsey charakterisierte Sexualität in den 1940er und 50ern generell als etwas Fluides und skizzierte Bi+sexualität als duale Anziehungskraft zu beiden Geschlechtern (Pennington, 2009, S. 71). Bi+sexualität als Teil der Kinsey-Studie war ein integraler Bestandteil von daraus folgenden Entwicklungen, da die psychomedizinische Konstruktionen von menschlicher Natur und Homosexualität hinterfragt wurden, was für die damaligen Verhältnisse als revolutionär galt.

Während der 1970er etablierte sich eine bi+sexuelle Identität und Politik ausgehend von politischen Bewegungen für lesbische und schwule Interessen sowie feministische Ziele. Deren starre Identitätspolitik führte zur Unzufriedenheit vieler bi+sexueller Personen, da die Mehrheit sich nicht durch die politischen und aktivistischen Bewegungen repräsentiert oder allgemein inkludiert fühlte. Grundtenor der negativen Debatten war die fehlende Akzeptanz von Bi+sexualität als ‚echte’ queere Identität, woraus sich ein stetiger Wechsel zwischen Inklusion und Exklusion von bi+sexuellen Lebensentwürfen in der queeren Gemeinschaft ergab (Callis, 2009, S. 217). Die Eventualität eines heterosexuellen Passings für bi+sexuelle Menschen war ein Grund für den Ausschluss bi+sexueller Lebensrealitäten aus der queeren Gemeinschaft. Diese Entwicklungen sind Teil der „sex wars“ (vgl. Gayle Rubin, 1984). Sexuelle Vielfalt wurde insbesondere von radikal-feministischen Bewegungen nicht toleriert, da ein allgemeines Misstrauen gegenüber sich als bi+sexuell identifizierenden Frau*en vorherr*schte. Ein solch ‚gearteter’ Kontakt zu Männ*ern führte zur Diskreditierung von Frau*en als Feminist*innen (vgl. Jagose, 1996). Die Folge waren bi*sexuelle Diskriminierungserfahrungen sowohl in heterosexuellen, homosexuellen, als auch in feministischen Kreisen. Insbesondere männ*liche Bi+sexuelle wurden als Gefahrenquelle während der AIDS-Krise deklariert, da ihnen eine Art Brückenfunktion zwischen homosexuellen und heterosexuellen Personenkreisen zugesprochen wurde. Obwohl sich dieser Zusammenhang als falsch erwiesen hat, haftet bi+sexuellen Menschen weiterhin daraus resultierend eine Vielzahl an negativen Stereotypen und Vorurteilen an.

Bereits vorangegangene Literatur über Bi+sexualität analysiert die Stereotypen und Ressentiments gegen bi+sexuelle Personen, wie bspw. die Charakterisierung als promiskuitiv, sexuell deviant, hypersexuell, sexuell experimentierfreudig und/oder polyamourös (Callis, 2014, S. 67). Aufgrund dieser Stigmatisierung kommt es vermehrt dazu, dass bi+sexuelle Menschen andere Labels oder Kategorien für ihre sexuelle Orientierung verwenden, z.B. pansexuell, queer oder polysexuell (Klesse, 2011). Auch wenn sie sich persönlich als bi+sexuell identifizieren würden, outen sie sich nicht, um Diskriminierung und Exklusion zu vermeiden (Pennington, 2009, S. 71). Entsprechende Diskriminierungsformen werden Biphobie, Binegativität oder Monosexismus zugewiesen. Monosexismus beschreibt die Diskriminierung von Personen, die die emotionale, romantische und sexuelle Attraktion zu mehr als einem Geschlecht (er)leben (Bi radical, 2011). Das Hauptproblem stellt aber die Unsichtbarkeit von Bi+sexualität in der Gesellschaft, in den Medien, und in den wissenschaftlichen Disziplinen dar. Mit dem Bi Visibility Day oder auch Celebrate Bisexuality Day, welcher jährlich am 23. September stattfindet, soll für mehr Sichtbarkeit sowie Akzeptanz und Toleranz für Bi+sexualität geworben werden (GLADDD, 2016).

Literatur und Quellen:

Bi radical (2011). The monosexual privilege checklist. Zugriff am 10.10.2018. Verfügbar unter: https://radicalbi.wordpress.com/2011/07/28/the-monosexual-privilege-checklist/

BiNe – Bisexuelles Netzwerk e. V. (n.d.). Am 23.9. ist internationaler Tag der Bisexualität (Bi-Visibility-Day). Zugriff am 10.10.2018. Verfügbar unter: https://www.bine.net/sites/default/files/arbeitsblatt_1_-_tag_der_bisexualitaet_ab_kl_9.pdf?language=de

Bowie, Malcolm (1992). Bisexuality. In E. Wright (Hrsg.), Feminism and Psychoanalysis: A Critical Dictionary (S. 26). Oxford: Basil Blackwell.

Callis, April (2009). „Playing with Butler and Foucault: Bisexuality and Queer Theory.” In Journal of Bisexuality, 9(3-4), S. 213-233.

Callis, April (2014). „Bisexual, pansexual, queer: Non-binary identities and the sexual borderlands.“ In Sexualities, 17(1/2), S. 63-80.

GLADDD (2016). #BiWeek 2016: Celebrate Bisexuality. Zugriff am 08.03.2017. Verfügbar unter: http://www.glaad.org/action/celebrate-bisexuality-biweek-2016

Hemmings, Clare (2002). Bisexual Spaces: A Geography of Sexuality and Gender. New York & London: Routledge.

Jagose, Annemarie (1996). Queer Theory. Carlton, Vic.: Melbourne University Press.

Klesse, Christian (2011). Shady Characters, Untrustworthy Partners, and Promiscuous Sluts: Creating Bisexual Intimacies in the Face of Heteronormativity and Biphobia. Journal of Bisexuality, Nr. 11, S. 227-244.

Pennington, Suzanne (2009). „Bisexuality.“ In J. O’Brien (Hrsg.), Encyclopedia of Gender and Society (S. 69-72). Thousand Oaks, CA: SAGE Publications.

Storr, Merl (1999). Bisexuality: A critical reader. London & New York: Routledge.

Eure Fragen zu Bi+sexualität:

So weit ich bescheid weiß können Omnisexuelle Menschen schon Präferenzen haben, das ist eben der Unterschied zur Pansexualität… Omnisexuelle Menschen „sehen“ die Geschlechter anderer Menschen und können auch „Vorlieben“ haben. Pansexuelle Menschen sind quasi „Geschlechts-Blind“ und verlieben sich wirklich nur in Menschen, egal welches Geschlecht!

Danke für den Hinweis! Begriffsbedeutungen sind nie zu 100% fest und können von Community zu Community und von Person zu Person unterschiedlich ausgelegt werden. Wir finden, dass die Begriffe ‚omnisexuell‘ und ‚pansexuell‘ das gleiche bedeuten können – sowohl pan- als auch omnisexuelle Menschen können sich zu Menschen aller Geschlechter hingezogen fühlen, und sowohl pan- als auch omnisexuelle Menschen können dabei Vorlieben haben, oder z.B. Anziehung gegenüber verschiedenen Geschlechtern unterschiedlich empfinden. Das ist unsere Erfahrung und Meinung zu diesen Begriffen, aber die ist ja nicht universell für alle gültig. Letztlich müssen alle omni- und pansexuellen Personen und Communitys selbst entscheiden, wie sie die Begriffe für sich definieren wollen.

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Bücher und Webseiten zum Thema Bisexualität

www.bine.net – das Bisexuelle Netzwerk

http://www.bisexualitaet.org/ – Plattform für Informationen und Austausch

www.coming-out-day.de – Studien und Fakten zur Lebenssituation von schwulen, lesbischen und bisexuellen Jugendlichen

Gorizi.de – Portal für junge lesbische, bisexuelle und queere Frauen

http://bisexualmuslims.tumblr.com/ – Positivität für bisexuelle Muslim*innen (englisch)