Kummerkastenantwort 403 – Beziehung und Kind als lithromantische Person?

Hallo,

ich, stelle schon seit längerem meine Gefühle in Frage. Ich könnte mir vorstellen, dass ich lithromantisch bin, da ich zwar einen „Crush“ auf Personen haben kann (ich kann nicht einschätzen, ob es richtiges Verliebt sein ist), aber sobald die Person das gleiche für mich empfindet, fühl ich mich eingeengt, unwohl und verliere auch schnell die Gefühle wieder (außerdem verspüre ich ein leichtes Gefühl von Ekel). Aber vielleicht bin ich einfach noch unsicher mit mir selbst und liebe mich selber noch nicht richtig. Weil ich hab mal gehört, dass man erst sich selber lieben muss, um jemand anderen zu lieben.
(Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass ich nicht Assexuell oder Demisexuell bin)

Ich akzeptiere die LGBTQ+ Community vollkommen und hätte auch kein Problem, Teil davon zu sein. Jedoch möchte ich nicht Aromantisch oder Lithromantisch sein, da das für mich heißt, dass ich meine Zukunft alleine verbringe (also ohne Ehepartner), was ich nicht möchte. Außerdem will ich sehr gerne Kinder und so, und da ist es natürlich ein bisschen ungünstig, wenn man keinen Partner hat, der mit einem das Kind großzieht.

Na ja, wahrscheinlich könnt ihr mir auch nicht weiterhelfen und das, was ich hier gesagt habe ist komplettes WirrWarr, aber egal.

Ich würde mich sehr auf eine Antwort freuen 🙂

Hallo du!

Ach, so ein großes Wirr Warr ist das, was du schreibst, doch gar nicht. Aber keine Frage: Gefühle und Beziehungen sind nun mal ganz furchtbar verwirrend, vor allem wenn eins nicht genau ins allonormative Bild passt!

Du scheinst dich aber ja schon in die Begriffe eingelesen zu haben und bist dir z.B. sicher, dass du nicht a_sexuell oder demisexuell bist. Es klingt außerdem als könntest du bei dem Label lithromantisch und / oder a_romantisch für dich richtig liegen, da du zwar Crushs auf andere Leute hast, aber beschreibst, dass du die Gefühle wieder verlierst, wenn sie erwidert werden.

Du schreibst aber, dass du nicht a_romantisch oder lithromantisch sein möchtest, da du gerne eine Familie möchtest. Das muss sich aber gar nicht wiedersprechen! A_Romantik und eine Beziehung und / oder ein Kind schließen sich definitiv nicht aus. Immerhin bewegt sich A_Romantik, wie so vieles, auf einem Spektrum.

Es gibt außerdem, gerade unter a_romantischen Personen, andere Ideen, Beziehungen und Kinderkriegen zu gestalten. Z.B. führen manche a_romantische Personen eine queerplatonische Beziehung. Das ist eine nicht romantische und / oder sexuelle Beziehung, die aber ebenso intim und wichtig ist wie eine romantische für allo Personen. Außerdem sind für viele a_romantische Personen Freundschaftsbeziehungen ebenso wichtig wie für allo Personen romantische.

Es gibt auch alternative Familienmodelle, wie z.B. Co-Parenting. Das bedeutet, dass Personen, die ein Kind wollen, aber nicht ineinander verliebt sind, gemeinsam ein Kind bekommen und es in einer freundschaftlichen Beziehung aufziehen.

Jedenfalls ist eine allonormative Beziehung auf keinen Fall die einzige Möglichkeit, die Zukunft nicht allein zu verbringen! Denn zum Einen sind Freundschaften, gerade wenn du sie mit den richtigen Personen führst, nicht schlechter oder weniger wert als romantische Beziehungen, und zum Anderen ist es durchaus möglich, dass du irgendwann eine Person oder mehrere Personen triffst, mit der / denen es dir möglich ist eine (wie auch immer geartete, romantische oder nicht romantische) Beziehung zu führen.

Und eine Kleinfamilie im klassischen Sinne ist nicht die einzige Art, wie eins ein Kind bekommen und großziehen kann. Klar, es erfordert sicher ein bisschen mehr Geduld und Kommunikation die richtigen Personen dafür zu finden (was dir aber in der LGBTQ+ Community sicher leichter fallen wird), aber Kinder erziehen ist ja immer kompliziert, und wie auch immer geartete geklärte Verhältnisse sind dafür wichtig.

Musst du dich nun selbst lieben, um jemanden anderen zu lieben? Das ist ja eine weit verbreitete Meinung, aber ich finde die schwierig. Es stimmt sicher, dass eins sich selbst genügend wert sein sollte, um sich z.B. nicht ausnützen zu lassen. Aber vielleicht wäre richtiger, dass eins sich selbst ein wenig kennen sollte. Es ist einfacher, zu finden, wonach du suchst, wenn du weißt, was du willst. Dann kannst du darüber offen kommunizieren und wirst früher oder später an die richtige(n) Person(en) geraten. Sieh es doch als Chance, zu erkunden, was du wirklich willst?

Ich hoffe, dass dir das ein bisschen weiterhilft!

Alles Liebe,

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