Kummerkastenantwort 244 – Wie kann ich eigentlich meinen Namen ändern?

Hallo Queerkumerkasten-Team,
Ich (biologisch weiblich) habe seit längerem das Gefühl, dass ich eigentlich nicht wirklich weiblich bin. Mir gefällt aber auch die Bezeichnung männlich nicht, weshalb ich mir Gedanken gemacht habe und zu dem Schluss gekommen bin, dass ich wahrscheinlich genderfluid bin.
Ich kleide mich schon ziemlich maskulin (da ich, wenn ich mich ins binäre Geschlechtssystem einordnen müsste, eher männlich wäre) und möchte mich bei meinem Vater outen, damit er mir einen Binder kaufen kann.
Jetzt habe ich aber das Problem, dass mein Name Charlotte sehr weiblich ist, weshalb ich mich nach einem neuen geschlechtsneutralen Namen sehne.
Jetzt wollte ich euch fragen, ob ihr eventuell Vorschläge hättet, die nicht ganz so stark von Charlotte abweichen.
Meine zweite Frage ist, wie man in Deutschland seinen Nama offiziell ändern kann, da ich immer nur was für Transpersonen finde und die Namensänderung dann auch nur mit Hormontherapie und Geschlechtsangleichung genehmigt wird. Diese beiden veränderungen möchte ich aber gar nicht machen.
Schonmal Danke für die Antwort
Charlotte
Ps: Ich finde eure Seite super, da ihr mir schon bei vielen Dingen geholfen habt

Hallo,

Ganz schnell zu deiner ersten Frage: Was könnte so ähnlich wie Charlotte sein, aber nicht so sehr weiblich klingen? Charlotte kommt aus dem französischen und ist die weibliche Form von Karl oder Charles. Charly oder Charlie wird als Name für Frauen und Männer verwendet. Vielleicht ist das ein Anfang um mal ein wenig drüber nachzudenken.

Deine zweite Frage bezieht sich auf Namensänderung. Da gibt es in Deutschland drei Möglichkeiten. Falls du eine doppelte Staatsbürgerschaft hast, finde auf jeden Fall auch raus, wie das im anderen Staat geht, einige Staaten haben da deutlich bessere Regelungen.

Von den drei Möglichkeiten, die es in Deutschland gibt, seinen Vornamen zu ändern, kommen für dich wahrscheinlich nur 2 in Frage: Änderung nach Transsexuellengesetz und die Änderung nach Personenstandsgesetz 45b. Die dritte Variante ist für Menschen vorgesehen, deren Name lächerlich, sehr ungebräuchlich wirkt oder mit Traumata verbunden ist. Bei einer solchen Änderung darf aber eigentlich nur ein Name gewählt werden, der dem selben Geschlecht zugeordnet ist. Daher fällt das weg.

Bei einer Änderung mittels Transsexuellengesetz benötigst du 2 unabhängig voneinander erstellte psychologische Gutachten, die bescheinigen, dass du trans bist. Das ist medizinisch/psychologisch/wissenschaftlich eigentlich völliger Unfug, steht aber so im Gesetz. Der Ablauf ist so, dass du beim Amtsgericht einen Antrag stellst, Gutachter*innen vorschlägst, das Gericht stimmt den Vorschlägen in der Regel zu. Dann gehst du zu den Gutachter*innen, lässt diese Gutachten erstellen, die gehen an das Gericht. Dann gibt es (meistens der Form halber) ein Gerichtsverfahren und am Ende kannst du eine neue Geburtsurkunde bekommen, in der ein anderes Geschlecht und/oder ein anderer Name drin steht. Alle weiteren Anforderungen, die mal im TSG standen, hat das Bundesverfassungsgericht mittlerweile für ungültig erklärt, weil sie gegen das Grundgesetz oder die Menschenrechte verstoßen haben.

Bei einer Änderung über das Personenstandsgesetz geht das grundsätzlich einfacher. Dabei sieht das Gesetz auch vor, dass der Geschlechtseintrag geändert werden muss – ich bin mir nicht sicher, ob das immer eingehalten wird, und ob eine Änderung von weiblich nach weiblich in dem Sinne eine Änderung ist. Der Geschlechtseintrag kann aber auch komplett gestrichen oder durch „divers“ ersetzt werden- im Zuge einer solche Änderung kann auch der Vorname geändert werden. Das Verfahren funktioniert hier so, dass mit einer ärztlichen Bescheinigung, die eine „Variante der Geschlechtsentwicklung“ attestiert, auf dem Standesamt ein Antrag nach Personenstandsgesetz §45b gestellt wird. Was dabei genau eine Variante der Geschlechtsentwicklung ist, steht nicht näher im Gesetz. Der lsvd geht in einem Rechtsgutachten davon aus, dass auch Personen, die trans sind, solche Anträge stellen dürfen. Zudem darf das Standesamt keine Begründung zu diesem Attest verlangen und Ärzt*innen müssen und dürfen dem Amt gegenüber keine Auskünfte geben. Auch wenn ein solcher Antrag erfolgreich gestellt wird, kann die Geburtsurkunde geändert und ein neuer Vorname eingetragen werden.

Wieso ist das alles so kompliziert? Das TSG ist schon sehr alt und war früher noch viel schlimmer. Menschen haben immer wieder gegen Entscheidungen geklagt und das Verfassungsgericht hat immer wieder Teile davon für ungültig erklärt. Das Personenstandsgesetz wurde erst 2018 geändert und §45b erst eingeführt. Die jetzige Fassung lässt sich eigentlich nur damit erklären, dass diejenigen, die das Gesetz erarbeitet haben, eigentlich auch nicht so genau wussten, was sie da machen, aber was möglichst kompliziertes erreichen wollten.

Das ist ziemlich frustrierend, aber es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer. Die deutsche Gesellschaft für trans- und intersexualität stellt sogenannte Ergänzungsausweise aus. Die lassen sich online beantragen und du brauchst dazu nur einen Personalausweis, ein Bild, das dich zeigt, wie du gerne wahrgenommen willst, und einen Namen, den du da drauf stehen haben willst. Zusammen mit deinem richtigen Ausweis kannst du dich dann mit dem Ergänzungsausweis als die Person ausweisen, die du bist. Viele Firmen und Organisationen erkennen dgti-Ausweis an, so dass viel auch schon offizielle Namensänderung mit deinem richtigen Namen möglich wird. Eigentlich wäre eine Welt, in der so ein Ausweis gar nicht Not tut, eine sehr schöne, aber so lange, wie wir noch solche Gesetze haben, die das alles derart umständlich machen, bin ich froh, dass es ihn gibt.

Also nochmal in aller Kürze: Ja, Name ändern, ohne eine Hormonersatztherapie, Operationen oder den Geschlechtseintrag zu ändern, geht, ist aber langwierig. Der Ergänzungsausweis kann für die Übergangszeit nützlich sein.

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen. Falls dir ein guter Name einfällt, oder du noch mehr Fragen dazu hast, schreib uns gerne wieder.

Liebe Grüße.
Xenia

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