Kummerkastenantwort 236: Bin ich auch ein trans Mann, wenn ich manchmal Mädchensachen mag?

Hallo,

Ich Kämpfe seit einiger Zeit mit dem Gedanken Trans zu sein. Lange habe ich diesen Gedanken verdrängt, dann konnte ich ihn nicht akzeptieren. Inzwischen bin ich mir weitestgehend sicher dass ich eigentlich ein Mann bin (ich wurde als biologisches Mädchen geboren).
Ich habe starke Gender Dysporia und will sowohl meinen Körper als auch meinen Namen gerne ändern. Außerdem habe ich festgestellt dass ich mich mit “er” Pronomen besser fühle.
Nun gibt es jedoch einige Dinge die mich verwirren. So finde ich es zum Beispiel nicht mega schlimm mit “sie” Pronomen angesprochen zu werden. Und ich wünsche mir dass meine Schwester weiterhin Schwester zu mir sagen wird wenn ich mich oute. Auch manche Mädchensachen mache ich gerne. So ziehe ich zum Beispiel manchmal gerne Mädchenklamotten an und Schminke mich manchmal gern. Darf ich das aber wenn ich trans bin? Oder bin ich dann doch nicht trans?
Ich habe das Gefühl nicht hundertprozentig Mann zu sein. Also von meinem Gefühl her würde ich sagen ich bin zu 80 oder 90% Mann und der Rest ist Frau.
Ich habe von dem Begriff Bigender gehört und finde ihn passend. Kann man trans und Bigender sein? Oder bin ich einfach ein etwas femininer Mann?
Wenn ich nicht zu 100% Mann sein will, kann ich dann überhaupt Hormontherapie und OPs oder so was machen?

Und noch etwas. Früher wurde ich gemobbt weil ich mich nicht Mädchenhaft genug verhalten habe. Wenn ich mich jetzt als Mann oute und dann aber nicht männlich genug wirke habe ich Angst dass mir das selbe andersrum wieder passiert. Ich bin einfach körperlich nicht stark genug, bin sehr sensibel und auch sonst nicht typisch männlich. Aber auch nicht typisch weiblich weil ich mich damit eben nicht identifizieren kann.

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen, denn ich bin so verwirrt und weiß nicht wen ich sonst um Hilfe fragen kann. Danke

Hallo lieb* Unbekannte*r,

Wie wir hier immer wieder schreiben: Wir können dir nicht sagen, welches Geschlecht du hast. Das kannst nur du und niemand sonst wissen. Wir können dir hier nur unsere Gedanken zu deinen Fragen mitteilen. Was du damit machst, ist deine Sache.

Um eins vorneweg ganz klar zu sagen:

Ja! Ja, du kannst ein trans Mann sein, auch wenn du “sie” Pronomen nicht total schlimm findest. Ja, du kannst ein trans Mann sein, wenn du als “Schwester” bezeichnet werden willst. Ja, du jannst ein trans Mann sein, wenn du gerne “Mädchen-“klamotten trägst. Ja, du kannst ein trans Mann sein, wenn du Make-Up magst.

Du musst kein biertrinkender Macho-Muskelprotz sein, um ein trans Mann zu sein. Du bist du, und die einzig wichtige Frage ist, ob du findest, dass das Wort “Mann” dich gut beschreibt.

Zu deiner bigender-Frage: Ja, du kannst auch trans und bigender sein. Trans bedeutet einfach nur, dass das Geschlecht, dass du bei deiner Geburt zugewiesen bekommen hast für dich nicht, nicht immer oder nicht vollständig passt. Insofern bist du (wenn du den Begriff für dich benutzen willst) auch trans, wenn du bigender bist. (Bei deiner Beschreibung musste ich übrigens an den Begroiff demiboy denken – vielleicht ist das auch ein guter Begriff für dich?)

Es kann aber natürlich auch sein, dass du ein femininer Mann bist und nicht bigender oder demiboy. Das kannst nur du wissen und über dich selber herausfinden.

Grundsätzlich kannst du auch eine medizinische und rechtliche Transition machen, wenn du bigender bist oder ein femininer trans Mann. Das einzige Problem sind  manchmal die Gutachter*innen, die für das Gericht bescheinigen müssen, dass du trans bist. Sie haben manchmal sehr spezifische Vorstellungen von Männlichkeit. Informiere dich bei einer trans Beratungsstelle oder Selbsthilfegruppe in deiner Nähe bevor du zu den Gutachter*innen gehst, die können dir Tipps geben.

Ich kann gut verstehen, dass du Angst vor Mobbing hast, wenn du ein femininer Mann bist. Und ich wünschte, ich könnte dich beruhigen und sagen, dass das nicht passieren wird. Das kann ich leider nicht versprechen. Ich kann dir nur raten, dir Verbündete zu suchen (am Besten bevor du dich outest), z.B. ein*e Lehrer*in, den*die du magst, Freund*innen, Sozialarbeiter*innen etc. , die dir im Zweifelsfall zur Seite stehen.

Ich wünsche dir alles Gute! Schreib uns gerne nochmal und erzähl uns, wie deine Geschichte weitergeht!

Liebe Grüße,

Annika

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