Kummerkastenantwort 929: Ich will mich nicht lesbisch oder bi nennen.

Hey, ich (weiblich) glaube, dass ich auch auf Mädchen/Frauen stehe, möchte mich aber nicht als Bi oder Lesbisch bezeichnen, da ich nicht von der Gesellschaft in irgend eine Schublade gesteckt werden möchte und mich nicht danach fühle mich bezeichnen zu müssen. Ich bin einfach ich – und das ist gut so. Ich denke seit ungefähr einem Jahr über meine Sexualität nach und mir fallen immer mehr Erinnerungen ein, bei denen ich merke, dass ich eigentlich schon immer Mädchen auch echt cool fand.
Jetzt zu meinem Problem.
Ich glaube, dass ich eine toxische Freundschaft mit einer Freundin führe. Diese Freundin hatte eine einjährige Beziehung mit einem Mädchen und als ich, bei meinen Freunden, mein Coming Out hatte, habe ich gedacht, dass sie mich vielleicht verstehet (was sie auch bei manchen Dingen tut, aber eben nicht bei allen, was nicht schlimm ist, denn jeder ist unterschiedlich) oder irgendwie unterstützen kann.
Wir sind seit ungefähr 3-4 Monaten enger (Freundschaftlich) befreundet und sie erzählt mir, zumindest einen Teil, ihrer Probleme und ihr geht es echt nicht gut. Sie sagt zu mir, dass ich die einzige momentan bin, die sie versteht und ich bin auch super gerne für sie da, aber ich hab das Gefühl, dass wir nur Kontakt haben, wenn es ihr richtig beschissen geht.
Ich hab mit ihr darüber geredet (Anfang Dezember) und ein paar Tage danach war auch dieser Druck weg, den ich die ganze Zeit gespürt habe, und sie hat sich auch ein Schlechtes gewissen gemacht, weil sie nicht will, dass es mir, wegen ihr schlecht geht.
Anfang letzter Woche haben wir noch was gemacht und ich hatte echt das Gefühl, dass es ihr einigermaßen ok geht und wir Spaß hatten, aber als ich wieder zuhause war, kam dieser Druck wieder.
Seit dem haben wir uns nicht mehr gesehen und schreiben nur noch so alle 3 Tage und ich hab das Gefühl das es so “distanziert” ist (ich hoffe man versteht was ich meine).
Ich will mit ihr befreundet bleiben, aber das kann ich nicht, wenn ich mich mit ihr treffe und es mir danach nicht gut geht, oder ich das Gefühl habe, dass sie gar nicht mehr mit mir befreundet sein will und ich nur der Kummerkasten bin und sofort da bin wenn sie mich braucht.
Ich will auch da sein für sie und sie ist so ein toller Mensch und hat das nicht verdient, was gerade in ihrem Leben so los ist und ich will sie nicht verlieren!!!
Ich kann aber nicht mehr – jeder Tag ist so anstrengend und ich will einfach nur in meinem Bett liegen und nichts tun müssen und alles fühlt sich so unreal an…

uii ganz schön viel Text und ich hoffe das man es irgendwie verstehen kann.
Ich weiß nicht was ich tun soll und erwarte auch nicht, dass ihr mir das jetzt sagen könnt.
Aber vielleicht hilft mir nur eine kleine Antwort schon.

Hallo!

Erstmal zu deinem Anliegen rund um Labels: Du musst dich weder als lesbisch noch als bi bezeichnen, wenn du das nicht möchtest. Das kann aber vielleicht auch damit zusammenhängen, dass du viele gesellschaftlichen Vorurteile über lesbische oder bisexuelle Frauen/Menschen verinnerlicht hast (dafür kannst du nichts!) und dass es dir deswegen schwer fällt. Das sage ich nur deswegen, weil es in einiger Zeit sein kann, dass du diese Label doch benutzen willst – und das ist dann ebenso ok. Aber das muss auch nicht so sein.

Zu deiner Freundin: Ich finde es super, dass du so reflektiert über eure Freund*innenschaft nachdenkst und kommunizierst, was du dir wünschst und was du brauchst. Was du genau tun sollst, weiß ich leider auch nicht, aber behalte es auf jeden Fall bei zu überlegen, was du gerne möchtest. Vielleicht kannst du ja noch mindestens eine weitere enge Freund*innenschaft zu jemandem aufbauen, in der die Kummerkasten-Funktion nicht so einseitig ist?

Ich wünsche dir alles Gute!

Liebe Grüße,

Annika

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