Da steht Unfug in meiner FAZ

Die FAZ hat Dinge veröffentlicht. Die sind in dem Fall in weiten Teilen sachlich schlicht falsch. Dazu kommt, dass transfeindliche Klischees benutzt werden. Das kann man schon mal machen, ist für eine Zeitung dieser Größe und diesem Anspruch aber mindestens peinlich. Zum Verständnis, worüber hier gemeckert wird, werden Ausschnitte aus diesem Artikel mit dem Titel “die Überwindung des Fleisches” zitiert. Die sind sachlich häufiger mal inhaltlich falsch und transfeindlich. Xenia analysiert.

Wer zivilisierte Medienkritik sucht, sollte sich damit an Leute wenden, die wissen, wie das geht. Die genau das machen. Das Altpapier. Übermedien. Der Bildblog. die Floskelwolke. Ich habe nur einen Text gelesen und bin sauer. Das ist was anderes.

Der „Leid”-Satz

Die Transgender-Bewegung will das körperliche Geschlecht juristisch abschaffen: Über Risiken und Nebenwirkungen wird geschwiegen

Das ist der Einleitungssatz und ich will schon kräftig kopfschütteln. Die Transgender-Bewegung als solche existiert nicht. Es gibt Menschen, die trans sind. Es gibt Menschen, die sich mit diesen verbünden. Und es gibt mehr Menschen, die sich trauen, über ihre Identität auch öffentlich zu reden. Aber das war’s auch schon.

Und selbst wenn es diese Bewegung gäbe: das körperliche Geschlecht juristisch abschaffen, klingt abenteuerlich. Wie soll ein Gesetz etwas so Greifbares wie Körper oder deren Eigenschaften abschaffen können? Das läuft so nicht. Juristisch das Geschlecht abschaffen (also ohne körperlich) ist noch mal eine andere Idee. Das könnte man machen und diskutieren. Das Bundesverfassungsgericht hat das in der Entscheidung zur sogenannten dritten Option sogar ausdrücklich als möglich betont.

Wenn ich mich jetzt hinstelle und mit einem Unterton von das wäre total schlimm sage „die wollen das”, aber etwas meine, was ausdrücklich verfassungsgemäß wäre, nun, wirft das nicht das beste Licht auf meinen Zugang zur Verfassung. Darüber hinaus – beeindruckend wie viel es hier auszupacken gibt –, sind wir hier ja immer noch in einem demokratisch organisierten Staat. Nur weil irgendeine Bewegung irgendwas will, passiert das noch lange nicht. Ohne Mehrheit im Parlament geht genau gar nichts. Und Mehrheiten für das Abschaffen von Geschlecht sehe ich im Bundestag zum Beispiel genau gar keine.

Kleines Zwischenfazit

Das Subjekt, das Prädikat und das Objekt in diesem Satz sind also schonmal Quatsch. Der Nachsatz, dass Risiken und Nebenwirkungen verschwiegen würden, hängt allein dadurch schon in der Luft, dass die Risiken und Nebenwirkungen aus einer Sache herrühren, die so gar nicht stattfindet. Das ist ungefähr so als würde ich mich beschweren, dass niemand über die Folgen davon diskutiert, dass jeden Morgen drei Millionen Deutsche die Wohnungstüre ihrer Nachbar*innen mit Gartenzwergen blockieren. 

Wahrscheinlich bin ich einfach zu masochistisch aber ich habe beschlossen, den gesamten Text zu lesen und zu analysieren, um schauen, was tatsächlich drin steht. Der Einleitungssatz ist insofern nicht unpassend, als dass er schon gut die Erwartungen, für das was jetzt folgt, setzen konnte.

Definitionsversuche

Es folgt erstmal der Versuch einer Begriffsdefinition und der Darstellung des eigentlichen Streitpunkts. Beides ist wenig präzise, teilweise ein wenig widersprüchlich und ich werde das Gefühl nicht los, dass die eigentliche Intention dieser Passage ist, Judith Butler und „die Gender-Bewegung” (wer immer das jetzt wieder ist) als die Bösen und die Frauenbewegung, die deren Thesen nicht folgt, als die Guten zu framen.

In dieser Begriffsdefinitionen taucht auch Sex in Abgrenzung zu Gender auf. Sex ist die Idee eines immer eindeutigen, biologisch begründeten Geschlechts. Gender wird als ein soziales Geschlecht verstanden. Diese Trennung ist aus verschiedenen Gründen problematisch. Angefangen damit, dass das Zweigeschlechtersystem, das gesellschaftlich eine Quasi-Norm darstellt, überdefiniert und dadurch argumentativ unschlüssig ist. Es eröffnet zwei Kategorien: Mann und Frau. Und es knüpft körperliche Eigenschaften an diese Kategorien. Testosteron-Spiegel. Östrogen-Spiegel. Brustaufbau. Vorhandensein von Hoden oder Eierstöcken. Vorhandensein von bestimmten Chromosomen oder Genen.

Und in all diesen Kategorien wird davon ausgegangen, dass es genau zwei distinkte Varianten gibt und, dass sobald eine dieser Varianten für eine Person männlich ist, das auch alle anderen sind. Das wäre zwar einfach, ist aber realistisch einfach nicht so. Das genauer ausbauen, würde den Rahmen diesen Textes etwas sprengen. Es soll hier mal genügen zu sagen: Es ist kompliziert und es ist nicht zielführend, diese Vielfalt auf zwei mögliche Ausprägungen abbilden zu wollen. Damit ist also die Definition für ein biologisches Sex als Gegensatz zu einem sozial geprägten Gender nicht sinnvoll, weil es selbst nicht schlüssig definiert ist.

Die erste „Bedrohung” – Gesetze

Weltweit unternehmen Transgender-Aktivisten derzeit Anstrengungen, die Trennung von Geschlecht und Körper in nationalen Gesetzen zu verankern. In Norwegen oder Argentinien ist ihnen das schon gelungen, in den Vereinigten Staaten fehlt der entsprechenden Novelle, dem Equality Act, noch der Segen des Senats.

FAZ-Unfug

Ich habe Neuigkeiten: Es gibt in Deutschland genau ein Register, das etwas über Geschlecht aussagt. Das ist das Personenstandsregister. Da sind quasi alle Geburtsurkunden drin und auf denen steht für alle ein Geschlechtseintrag. Dieser kann – muss aber nicht – mit der Anatomie der entsprechenden Person zu tun haben. Das heißt: In Deutschland muss gar niemand mehr irgendwas tun, um diesen Zustand, den der Artikel offensichtlich ablehnt, zu erreichen. Wie kann das sein?

Das hat zwei Gründe: Erstens ist es etwas naïv geregelt, wie der Eintrag in Deutschland zustande kommt. Da wird bei Geburt zwischen die Beine geschaut, bei Unsicherheit wird der Eintrag leer gelassen. Sonst männlich oder weiblich gesetzt. Jetzt gibt es aber durchaus Personen, die beispielsweise einen Penis haben, dementsprechend einen „männlich”-Eintrag bekommen, aber auch Eierstöcke haben. Der Biologie ist es nämlich komplett egal, was wir für vermeintliche Regeln aufstellen, wie Dinge sein sollen. 
Zweitens: Bei Rechtsunsicherheit hilft der Blick ins Gesetz. Das Transsexuellengesetz (ein absoluter Müllhaufen) stellt keine Anforderungen daran, welche Organe eine Person, die den Geschlechtseintrag und/oder Vornamen ändern, haben darf oder muss. Die Kenntnis des Geschlechtseintrages sagt also nichts zwangsläufig darüber aus, was für Organe eine Person hat. Die Kenntnis über die Organe einer Person umgekehrt auch nichts über den Geschlechtseintrag.

In seinem Strategiepapier “Adults Only?” benennt der internationale Transgender-Verband Iglyo das Ziel der Bemühungen: Der Geschlechtswechsel soll zum einfachen Sprechakt werden. Wo er mit operativen und hormonellen Eingriffen verbunden ist, sollen medizinische und rechtliche Hürden abgebaut werden, besonders bei Kindern und Jugendlichen. Minderjährige sollen so früh und spontan wie möglich – ohne medizinisches Gutachten, Eingewöhnungsphase und Zustimmung der Eltern – das Geschlecht wechseln können.

Noch mehr Unfug.

Ein wenig Hintergrund

Die Überwindung des Fleisches hat das nicht so richtig eingeordnet. Daher hier erstmal ein Paar Informationen zur erwähnten Veröffentlichung und zum erwähnten Verband.

Bereit für Spaß? Iglyo ist, anders als hier der Eindruck entstehen könnte, keine reine allgemeine Interessensvertretung von Personen, die trans sind. Es handelt sich um eine Dachorganisation von fast 100 Jugendverbänden, die queere Jugendliche und Student*innen vertreten. Stand meiner Kenntnis gibt es von Iglyo auch keine Veröffentlichung, die „Adults only?” heißt. Es gibt aber eine, die „Only Adults?” heißt. Das ist aber ein relativ unspektaktuläres Büchlein. Das vergleicht die rechtliche Situation für trans Jugendliche in verschiedenen europäischen Ländern.

Hier mal die erste „Meta”-Anmerkung, die etwas über die inhaltliche Auseinandersetzung hinausgeht. Die Arbeit eines Verbandes in wenigen Worten zu beschreiben, kann schwierig sein. Eine Formulierung zu wählen, die tatsächlich deutlich allgemeineres und breiteres Wirken als tatsächlich vorhanden ist, unterstellt, ist schon schwierig. Eine Veröffentlichung, deren Namen aus zwei Worten besteht, falsch benennen und eine Zusammenfassung der Rechtslage mit einem abschließendem Fazit zu einem Forderungspapier zu stilisieren, ist schon eher fahrlässig. Es geht um einen Meinungsartikel, aber was ist eine Meinung wert, wenn sie, bei ihrer Darlegung, beliebige Tatsachen einfach unsauber und falsch darstellt? Was ist das für eine Idee von Debatte, was ist das für ein Anspruch an mich selbst, wenn ich eine renommierte Zeitung sein will und derartig schlecht recherchiertes Zeug einfach ungeprüft drucke?

Der „Bösewicht” – die Grünen und die FDP

Hierzulande haben FDP und Grüne Entwürfe für ein Selbstbestimmungsgesetz vorgelegt, die über weite Strecken wirken, als wären sie von den Aktivisten selbst geschrieben. Mit vollendetem vierzehnten Lebensjahr soll jeder jährlich entscheiden können, ob er rechtlich als Mann oder Frau betrachtet wird. Körperliche Aspekte spielen dafür keine Rolle. Es reicht die Erklärung beim Standesamt.

Und noch mehr Unfug.

Stichwort unsaubere Recherche: die Fraktionen und der Grünen und der FDP haben jeweils einen, nicht insgesamt einen, Entwurf vorgelegt (Grüne: https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/197/1919755.pdf, FDP: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/200/1920048.pdf). Die Entwürfe gleichen sich über weite Strecken und sind insgesamt ziemlich gut.

Nochmal: Geschlechtseinträge in Deutschland sind schon jetzt unabhängig der Anatomie. Die wesentliche Änderung, die diese Gesetzentwürfe vorsehen, ist, dass Menschen, die ihren Personenstand ändern wollen, das auf dem Standesamt tun können sollen. Das klingt schon allein deshalb logisch, weil das Amt genau dafür da ist, Dinge mit Personenstand zu machen und deswegen sogar so heißt.

Und auch die Altersgrenze mit 14 lässt sich sogar einigermaßen sinnvoll begründen: Es wäre komplett hanebüchen, davon auszugehen, dass Menschen in der Nacht auf ihren 18. Geburtstag eine große Offenbarung erfahren und danach über ihr Geschlecht Bescheid wissen. Und während einige schon von früher Kindheit an wissen, dass sie trans sind, ist die beginnende Pubertät für viele ein entscheidenter Faktor. Die Abwägung bei dieser Altersgrenze ist auf der einen Seite: möglichst früh, um den Betroffenen mögliches Leid aus einer falschen Pubertät zu ersparen. Auf der anderen Seite: möglichst spät, dass die Betroffenen möglichst gut in der Lage sind, sich selbst und die Tragweite ihrer Entscheidung einzuschätzen.

Die zweite „Bedrohung” – Ausnutzen von Gesetzen

Frauenverbände wie die deutsche Sektion der Women’s Human Rights Campaign, die in „Trans“ und „Gender“ eine antifeministische Bewegung sehen, laufen gegen die Novelle Sturm, die, wie sie warnen, dem Schutz von Frauen vor Gewalt und Benachteiligung die Grundlage entzöge. Rein sprachlich zu Frauen verwandelte Männer könnten sich in Toiletten und Sammelduschen, Frauengefängnisse oder Frauenhäuser einschleichen, also gerade dorthin, wo Frauen vor Männern Zuflucht suchen. Jede Form der Frauenförderung würde obsolet, wenn sich ein Mann mit einem Satz zur Frau, vom Aufsichtsrat zur Aufsichtsrätin, umdefinieren könnte.

So viel Unfug.

Women’s Human Rights Campaign klingt erstmal seriös und wichtig. Gibt nur ein Problem. Sie stützt ihre Arbeit auf eine Erklärung von Frauenrechten, die sie über Verfassung und Gesetze stellt. Es wäre also Vorsicht angeraten, diese Gruppierung hier agumentativ zu adeln.

Scheinargumente

Alles was danach in diesem Absatz kommt, ist argumentativ nicht von Belang. Während es richtig ist, dass es mit der Reform allen möglich wäre, auf dem Standesamt Vornamen und Geschlecht urkundlich zu ändern, stellt sich die Frage, wie sich das auf die folgenden Punkte auswirken würde. Meine Unterstellung ist: Gar nicht. Warum? Weil wir in der Regel den Personalausweis, Reisepass oder die Geburtsurkunde von Leuten gar nicht in die Finger bekommen. Das ist ein Schein-Argument. Eine Person wird nicht durch einen Personalausweis in einer Sammeldusche legitimiert. Eine übergriffige Person darf nicht in einer Sammelumkleide bleiben, nur weil sie einen Personalausweis mit einem Frauennamen vorzeigt. Bonusfakt: Auf einem Personalausweis steht das Geschlecht der betreffenden Person gar nicht drauf. Also taugt der als Dokument auch gar nicht, um Geschlecht irgendwie zu begründen.

Das Ding mit den Aufsichtsräten zeigt noch etwas ganz anderes auf: Geschlecht ist eben nicht beliebig. Wenn es beliebig wäre, gäbe es solche Quotenregelungen ja nicht, weil sie nicht von Belang sein könnten. Und, wenn es nicht beliebig ist, folgt daraus ja gerade, dass mein Geschlechtseintrag vorher objektiv falsch war und ich den jetzt korrigiere. Dass er eben nachher stimmt. Aber diese Beliebigkeit ist nicht nur super fragwürdig, wenn es um Personen geht, die nicht trans sind. Gerade für Personen, die trans sind, würde Beliebigkeit bedeuten, dass ihre Identität einfach ausgewählt ist, so wie andere sich jeden Morgen für ein paar Socken entscheiden.

In einer Gesellschaft, die Frauen immer noch strukturell diskriminiert, ergäbe dann das Konzept trans-sein, aber weil ich es mir aussuche, keinerlei Sinn. Wieso sollte irgendwer, wenn Geschlecht keine Rolle spielt, sich selbst das Geschlecht aussuchen, das ihm nur Nachteile brächte? Geschlecht – und trans sein – kann also keine reine Beliebigkeit sein. Insofern verhöhnt allein die Unterstellung schon trans Personen: sie sind besonders häufig von Hasskriminalität betroffen. Aber wir suchen das alle einfach nur aus, obwohl wir nicht müssten und wir keine Vorteile davon haben und uns mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit als sonst irgendjemand umbringt? Nee. 

Zwischenruf: Wer sucht denn in einem Gefängnis bitte Zuflucht?

Es gab in Deutschland im Übrigen auch schon Versuche mit Gefängnissen, die nicht geschlechtergetrennt waren. Alle Beteiligten machten damit sehr gute Erfahrungen. Das Projekt wurde aber – aus finanziellen Gründen – wieder eingestellt. 

Und wie viele weibliche Olympiateilnehmer würde es noch geben, wenn sich Männer in ihre Konkurrenz einschleusen könnten?

Unfug.

Der nächste Volltreffer für präzise Recherche. Athlet*innen, die trans sind, können an olympischen Wettkämpfen teilnehmen. Seit mindestens 2015.

Denkt doch mal an die Kinder

Was jetzt kommt, steigert die Distanz zwischen „was da steht” und „was ,die Überwindung des Fleisches’ sagt, was da steht” nochmal deutlich. Das klingt dann so – ich betone nochmal deutlich: das ist vollkommener Quatsch:

Das Iglyo-Papier gibt offen das Ziel aus, die Kampagne zu „demedikalisieren“, also die medizinischen Risiken und Folgen zu verschweigen. Der Geschlechtswechsel soll nicht als schmerzhafter und riskanter Eingriff erscheinen, an den sich Nachfolgeoperationen und lebenslange Hormonbehandlung anschließen, sondern als körperlich und psychisch folgenlose Wunscherfüllung.

Das möchte ich auf mehreren Ebenen kontern. Erste Ebene: wenn das eine folgenlose Wunscherfüllung ist, dass Leute per Erklärung ihren Geschlechtseintrag ändern, dann wäre das ganze Papier von Iglyo und der gesamte Meinungsartikel vollkommener Unfug. Denn: der gesamte Stein des Anstoßes hätte ja gar kein inhaltliches Gewicht.

Zweite Ebene: Was hier mit „demedikalisieren” übersetzt wird, heißt im Original „de-medicalise”. Das kommt wörtlich schon hin. Auch „Kampagne” kommt in der betreffenden Überschrift vor. Es geht aber nicht um eine Kampagne, die Iglyo selbst betreiben würde. Im betreffenden Abschnitten werden „best practices”, Handlungsweisen, mit denen Verbände innerhalb des Dachverbands gute Erfahrungen gemacht haben, gesammelt. Kampagne ist hier also eine gesellschaftliche Debatte, auf die Einfluss genommen wird. Wer an dieser Stelle einwendet, dass bereits das schlecht sei, wendet sich offen gegen eine pluralistische Gesellschaft und dagegen, dass Menschen, die von Gesetzen und deren Änderung betroffen sind, ihre Stimmen dazu erheben. Das ist schäbig.

Was gemeint war:

Drittens: „de-medicalise”, wird im Papier von Iglyo erklärt. Und zwar so: 

De-medicalisation involves separating the legal gender recognition process from the public association with medical treatment or diagnoses. It was observed that the public often finds it difficult to separate these two concepts and this can result in apprehension about expanding access to legal gender recognition processes. Indeed, in certain countries, medical and legal processes are still interlinked.


Therefore, campaigns which seek to reform legal gender recognition laws have the task of separating these concepts through educational campaigns, so that legal gender recognition can be seen in the eyes of the public as distinct from gender confirmation treatments. This also means minors may be more likely to be able to access the processes, as one of the reasons often cited by opponents and critics in such countries for denying such access to minors is that young people should not have irreversible surgeries until they are of the age of maturity. Activists have sought to educate the public that legal gender recognition is a purely civil process.

Es geht also nicht darum, Leuten irgendetwas vorzugaukeln, dass Sachen keine schwerwiegenden oder dauerhaften Folgen haben können. Es geht lediglich darum, zwei Prozesse: medizinische Transition und juristische Transition voneinander zu trennen. Die rechtliche Anerkennung meines Geschlechtes soll ein rein rechtlicher Prozess sein. Und kein medizinischer.

Hier geht es nicht darum irgendetwas zu verschweigen. Es geht lediglich darum, voneinander unabhängige Dinge voneinander unabhängig zu machen. In der gesamten Passage geht es gar nicht darum, was für Vorraussetzungen der Zugang zu Hormonen oder zu Operationen hat oder haben soll. Es geht einzig und allein darum, wie Gruppen erfolgreich für Gesetzesänderungen geworben haben: In dem es gerade nicht dafür geworben wurde – und dementsprechend auch nicht verwirklicht wurde, Zugang zu Hormonen oder Operationen einfacher zu gestalten.

Dazu kommt noch ein ganz praktischer Aspekt. Alle rechtlichen Änderungen betreffen so wirklich nur noch Papiere, die verändert werden. Papiere sind geduldig. Und falls sich irgendwo rausstellen sollte, dass sich eine Person getäuscht hat oder sich Dinge geändert haben und ein anderes Geschlecht richtiger wären, ist bei einer rein juristischen Änderung nie etwas unumkehrbares möglich. Jedes Papier lässt sich ändern. Eine Trennung der juristischen Vorrausetzungen von medizinischer Transition ist also etwas, dem auch diejenigen folgen können sollten, die vereinfachten Zugang zu Medikation für trans Menschen skeptisch gegenüberstehen.

Auch wieder: Wäre das so schwer gewesen, tatsächlich zu lesen, was in der Broschüre drin steht, bevor versucht wird, zusammenzufassen? Ich möchte hier sachlich auf Argumente eingehen und nicht alle zwei Sätze sagen müssen „wenn das stimmen würde, was da steht, dann”, aber „es ist falsch, weil”. Das ist doch keine Debatten-Kultur.

Nach den deutschen Gesetzesentwürfen soll ein Kind mit vollendetem vierzehnten Lebensjahr, also noch vor dem Ende der Pubertät und des körperlichen Reifungsprozesses, selbst – ohne ärztliche Beratung und elterliche Einwilligung – über den hormonellen Geschlechtswechsel entscheiden.

Das steht wortwörtlich in „Die Überwindung des Fleisches”. Wortwörtlich im Gesetzentwurf der Grünen zum Selbstbestimmungsgesetz §2 steht folgendes: 

(1) Das Recht auf freie Entwicklung der Persönlichkeit entsprechend der Geschlechtsidentität umfasst das Recht, über die Durchführung medizinischer Maßnahmen zur Modifizierung des eigenen Körpers im Hinblick auf Erscheinung und körperliche Funktionen bei vollumfassender vorheriger medizinischer Aufklärung und Einwilligungsfähigkeit selbstbestimmt zu entscheiden.

(2) Ein genitalverändernder chirurgischer Eingriff an einem Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, ist nur mit seiner Einwilligung zulässig. In solchen Fällen bedarf es zusätzlich der Einwilligung der sorgeberechtigten Person. Verweigern die sorgeberechtigten Personen derer Einwilligung, so ersetzt das Familiengericht die Ein- willigung, wenn:

  1. eine Beratung des Kindes stattgefunden hat,
  2. das Kind einwilligungsfähig ist,
  3. der Eingriff dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

Die Bestellung eines Verfahrensbeistandes ist stets erforderlich.

Ich geb das einfach auf. Da steht wortwörtlich das Gegenteil der Behauptung im Gesetzentwurf. 

Das Ende naht

Mit Fortschreiten des Textes wurden auch die Thesen etwas obskurer. Das steigert sich jetzt noch ein bisschen. Am Ende weit genug, dass ich auf das letzte Drittel im wesentlichen gar nicht eingehe. Es folgt aber erst noch eine Offensive. Zu Pech beim Zitieren aus Veröffentlichungen und Gesetzentwürfen kommen ein paar Vorwürfe.

Kritikunfähigkeit

Was dabei tief empfundener Wunsch zum Geschlechtswechsel und was Mode ist, lässt sich auch deshalb so schwer einschätzen, weil die Transgender-Gemeinde mit derart aggressiven Methoden eine offene Debatte verhindert, dass man an ihrem liberalen Charakter zweifeln muss. Kritiker werden mit Drohungen und Denunziationen überzogen, Verlage unter Druck gesetzt, kritische Bücher und unwillkommene Studien aus dem Programm zu nehmen. Kritik richtet sich nicht gegen inhaltliche Argumente, sondern gegen die Person, die als transphob stigmatisiert wird.

Das nehm ich jetzt bald persönlich. Ich würde hier eine sachliche Debatte eingehen. Aber nichts an diesem Text, wirklich nichts was da bisher stand, war in irgendeiner Weise auch nur sachlich, belastbar oder richtig. Wenn es aggressive Methoden sind, Leuten deutlich zu sagen, dass sie keine Ahnung haben und dass sie die Unwahrheit sagen, dann ist das so. Dann ist aber genau das notwendig, um den Grundkonsens der liberalen Gesellschaft aufrecht zu erhalten.

Wir sind da dann am Toleranzparadoxon angekommen, dass Toleranz genau da aufhören muss, wo sie Intoleranz zulassen würde. Und genau so muss liberale Debatte da aufhören, wo Leute irgendwelchen Quatsch erzählen, dass sich die Bananen biegen und eine ordentliche Debatte einfordern damit. Das ist auch genau der Moment, in dem das, was gesagt wird, transfeindlich ist und wenn Menschen das mit Absicht von sich geben, sie es selbst auch sind. Get the fuck out.

Gespielte Empörung

Die Iglyo-Kampagne gibt sogar offen zu, die Öffentlichkeit über ihre Ziele täuschen zu wollen. Hängen Sie sich an eine populäre Reform, rät das Strategiepapier, um „unter deren Deckmantel“ (!) Ihr eigentliches Ziel durchzusetzen.

Nun. Das klingt furchtbar böse. Ist es aber nicht. Es ist immer noch kein Strategiepapier. Und. Bei wie vielen Gesetzesvorhaben interessiert sich irgendwer dafür, was eigentlich alles geregelt wird? Das ein einfaches Scheinargument. Niemand kann einfach seine Wunschliste an den Zettel auf dem Pult auf dem Bundestag tackern und heimlich obskure Zusätze ins Gesetz einbringen. Worüber abgestimmt wird, ist öffentlich. Wer sich tatsächlich dafür interessiert, kann das einsehen. Wenn ich für ein Gesetz werben will, dann gehe ich gezielt mit den Teilen in die breite Öffentlichkeit, die Zustimmung erfahren. Warum? Weil das ist, wie Werbung funktioniert. 

Unter der Überschrift „Vermeiden Sie exzessive Berichterstattung“ wird empfohlen, sich mit weit ausgearbeiteten Plänen an einzelne Politiker zu wenden, um die Meinungsbildung vorwegzunehmen.

Auch hier ist die Empörung komplett gespielt. Abgeordnete sind gerade auch dazu da, dass ich mit meinen Anliegen zu ihnen kommen kann. Einzelne Politiker*innen können damit auch nicht super viel tun, die brauchen eine Mehrheit. Aber falls das Ding überhaupt ins Plenum kommt, ist dann ja jederzeit eine Debatte möglich. Ich sehe da halt echt nichts Verwerfliches. Und: Wenn Berichterstattung so aussieht, wie das Ding, über das ich hier schreibe, dann braucht die halt auch niemand. 

Strafandrohung

Danach soll mit gesetzlichen Sanktionen verhindert werden, dass Kritik an dem streitbaren Konzept der Gender-Identität geäußert wird. Die Gesetzesentwürfe von Grünen und FDP kommen dem nah: Sie sehen Sanktionen bis 2500 Euro vor, wenn das frühere Geschlecht einer Person genannt wird – auch dann, wenn es nicht in diskreditierender Absicht geschieht.

Selten so einen Unfug gesehen. Also ja. 2500 Euro stehen als Höchsstrafe für Ordnungswidrigkeiten in den Entwürfen. Das ist schon mal richtig. „Kritik am Konzept der Gender-Identität” steht da nicht drin. Auch hier hilft ein Blick ins Gesetz, oder besser den Gesetzentwurf. Auch wieder der von den Grünen, hier §7:

(1) Ordnungswidrig handelt, wer, ohne hierzu berechtigt zu sein, vorsätzlich oder fahrlässig

  1. gegen ein Offenbarungsverbot gemäß § 4 Absatz 1, 2 und 4 verstößt oder
  2. gegen ein Löschungsgebot gemäß § 4 Absatz 3 und 4 verstößt oder
  3. den zuvor geführten Vornamen oder den früheren Nachnamen verwendet oder sich auf die vorherige Geschlechtszuordnung bezieht.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zweitausendfünfhundert Euro geahndet werden.

Richtig. Von diskriminierender Absicht steht da nichts (habe mir sagen lassen, dass bei der FDP das im Entwurf steht. Dann steht da literally drin “wenn du jemand diskriminierst, kannst du dafür bestraft werden”. Sehe ich jetzt auch kein Problem bei.) Das liegt daran, dass auch Dinge, die ohne (böse) Absicht passieren, deswegen nicht von alleine gut sind. Ganz anderes Beispiel: Es gibt Straftaten “gegen die Umwelt”. Zum Beispiel: “Herbeiführen einer nuklearen Explosion” wird unter Strafe gestellt. Da fragt auch niemand nach Absicht oder Böswilligkeit.

Zudem: Bevor hier irgendwer belangt werden kann, muss das alles nachgewiesen werden und überhaupt jemand erst mal ein Verfahren anstreben. Das ist eher eine letzte Maßnahme als ein alltagstaugliches Instrument. Was ist das für ein Weltbild, wo wir durch die Straßen ziehen und allen erst mal Bußgeld auf die Nase drücken wollen? 

Weil der gesamte Rest des Textes nur noch dahergelaufener, inkohärenter Unfug ist, möchte ich hier mit etwas anderem abschließen. Der Überlegung, um was es geht – und um was es in diesem Text geht. 

Wir sind auch wer

In „Die Überwindung des Fleisches” geht es irgendwie um die Rechte von Menschen, die trans sind. Um die Personen geht es im Text aber genau gar nicht. Der Meinungsartikel benennt ausschweifend vermeintliche Risiken: Das Eindringen in Schutzräume, das Experimentieren an Kindern, Ängste vor überzogenen Strafen und bringt ganz viel gespielte Empörung. Also, der Text nennt es experimentieren, übersieht dabei aber, dass Jugendliche zum Beispiel in der Niederlanden, wenn sie trans sein könnten, seit Jahren Zugang zu Hormonblockern haben. Und dass das ganz gut funktioniert. Ignoriert dabei weiterhin, dass es faktisch keine Belege für nicht notwendige Operationen an Jugendlichen, die trans sind, gibt. Also experimentiert wird faktisch nicht.

Es geht nicht um Grundrechte, die es einleuchtend machen, warum ein Gesetz, um den Vornamen und den Personstand zu ändern, sinnvoll sein können. Es geht genauso wenig um Menschen. Um Personen, die trans sind. Darum, wie unser Alltag aussieht. Wie rechtliche Rahmenbedingungen uns einschränken. Wie Hürden uns den Zugang zu medizinischer Versorgung erschweren. Oder darum, wie Dysphorie uns zerstören kann. Ganz persönlich. Aber auch statistisch. Es gibt immer noch zu wenig Forschung. Aber, die, die wir haben, sagt auch klar, dass einfacher Zugang zu Transition unsere Lebenserwartung deutlich erhöht.

Um den letzten Satz noch mal direkter und krasser zu fassen. Das bedeutet, dass besserer Zugang zu Medizin verhindern würde, dass wir sterben, während wir noch drauf warten.

Diskussionskultur

Es ist ein Text, in dem es darum geht, welche Rechte wir (nicht) haben sollen, ohne, dass es um uns geht. Und das ist mindestens frech, wenn nicht sogar boshaft und schäbig. Der lose Umgang mit Tatsachen und belegbaren Fakten, die – wohlwollend formuliert – sehr freie Wiedergabe von Quellen, auf die sich bezogen wird, ohne diese korrekt zu benennen, runden das ganze nur noch mehr ab. Es geht nicht um eine sachliche Argumentation.

Wie soll denn eine sachliche Debatte daraus erwachsen, wenn ich sage „in diesem Gesetzentwurf steht: X”, aber tatsächlich wortwörtlich „nicht X” da drin steht.

Wie soll denn eine sachliche Auseinandersetzung entstehen können, vor der wir uns scheinbar wehren, wenn gar nicht erwähnt wird, was ein Gesetz für uns bedeuten würde, sondern nur, dass es scheinbar anderen ermöglicht Verbrechen zu begehen? (Wobei diese Verbrechen jetzt strafbar sind und es nachher immer noch wären.) 

All das macht diesen Text am Ende noch schäbiger: Er generiert Empörung, Klicks und Reichweite. Und darüber auch wieder Leute, die sich über den Text und die Person, die ihn schrieb beschweren. So wird der Vorwurf, dass wir diejenigen sind, die keine Debatte zulassen, zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung, in dem jede kritische Meldung sofort in den großen Topf mit den Anfeindungen geworfen wird. 

Wie kommen wir hier jetzt weiter?

Ein paar gar nicht so revolutionäre Punkte würden diesem ganzen Unfall helfen, mehr zu einer Debatte werden zu können. Und zwar, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Begriffsklärung. Wenn ich Worte verwende, deren Bedeutung im Kontext nicht klar sein könnte, erkläre ich die.
  • Richtigkeit. Wer etwas aus anderen Dokumenten wiedergibt, gibt sie so wieder, dass sowohl der Zusammenhang, als auch die zitierte Aussage erhalten bleiben.
  • Nachvollziehrbarkeit. Wer Werte oder Zahlen benennt, die aus einer Statistik, oder Studie oder sonstwoher kommen, gibt genau an, von wo sie entnommen sind, dass nachvollzogen werden kann, wie diese Zahlen zustande kommen.
  • Belegbarkeit. Wenn ich mein Argument von einer Tatsache ausgehend baue, muss ich zeigen können, dass diese zutrifft und relevant ist.
  • Schlüssigkeit. Die Gründe, die zu Argumenten führen, müssen belegbar sein.
  • Betroffenheit. Zeige, wer von der Sache, über die du erzählst und argumentierst, betroffen wäre und warum. 

Sokrates, der alte Checker, hat das sogar in nur drei Punkte zusammengefasst. Wenn etwas weder wahr, noch gut, noch notwendig ist, dann ist besser, einfach mal seine vorlaute Klappe zu halten. Jetzt hoffe ich nur noch, mit dem Text nicht versehentlich viral zu gehen. Nicht sicher, ob dem Server und unserem Hoster das gefallen würde. Nicht sicher, ob ich Lust habe, mir erklären zu lassen, dass ich doch bitte nicht in dem Ton eine etablierte Zeitung wie die Frankfurter Allgemeine anzugehen habe.

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