Kummerkastenantwort 3.017: Ich bin verwirrt über mein Geschlecht und meine sexuelle Orientierung

Hallo Liebes Team,

ich habe direkt mehre probleme
1. Ich bin ein mädchen und meistens auch glücklich mit meinem Körper aber ich hätte gerne einen Penis. Ich möchte aber nicht so halb trans oder genderfluid sein weil meine Eltern mich als mädchen sehen. Sie würden mich trotzdem lieben aber dieses pink in meinem Zimmer.
2. Ich würde mir ja vielleicht sicher sein aber diese ganzen Vorurteile das männer sich nicht schminken verunsichern mich. Alle sagen immer das ich ein typisches mädchen bin nur weil ich Kleider und Makeup mag!? Ich hasse das so
3. Ich mag mädchen sehr und bin Wahrscheinlich bi und Pan aber es gibt nur ein mädchen in meiner Klasse das kurzeitig in mich verliebt war. Ich möchte aber nichts halbes. Das Problem ist das ich selbst sehr schlecht die gefühle der Freundschaft und liebe trennen kann. Wie kann ich das ändern?
4. Wenn ich mich in jungen verliebe wäre ich selbst gerne einer das ist halt schwierig weil alle jungen aus meiner Klasse homophob sind. Am liebsten würde ich eine Partner*Inn mit brüsten und Penis haben. Ich bin leider so speziell das ich Angst habe nie eine Beziehung zu bekommen was ein Problem wäre denn ich bin relativ jung und Sehne much nach einer romantischen und sexuellen Beziehung

Vielen Dank und es tut mir sehr leid dass das so viel ist.
Aber ddaannkke ich weiß eure Arbeit mega zu schätzen

Hallo Du!

Erstmal vorweg: das klingt, als wäre bei dir im Moment sehr viel los, da kann man auch schonmal längere Fragen stellen. Das ist kein Problem! Ich kann mir vorstellen, dass das alles für dich gerade auch sehr anstrengend ist. Ich will versuchen, deine Probleme Stück für Stück abzuarbeiten.

  1. Davon, sich zu wünschen, nicht trans zu sein, ist noch niemand weniger trans geworden. Glaub mir, das haben viele Leute versucht, und bei keinem hat es funktioniert. Auch davon, dass du deinen Eltern keine Umstände machen möchtest, wirst du nicht weniger trans – falls du trans bist.
    Wenn du Zeit und Ruhe dafür hast, wäre es vielleicht gut, wenn du dich also ein bisschen mehr mit dem Gedanken auseinander setzt – trans sein bedeutet ja auch nicht, dass dein Zimmer nicht mehr Pink gestrichen sein darf, oder dass du keine traditionell weiblich behafteten Dinge mehr mögen darfst. Trans zu sein kann auch bedeuten, dass du dich frei von den Erwartungen, die an dich gestellt werden, entfalten und ausprobieren darfst.
  2. Diese Vorurteile sind genau das: Vorurteile. Ich kenne viele Männer und einige nichtbinäre Personen, die sich schminken, Röcke oder Kleider tragen, und andere traditionell weiblich behaftete Dinge tun. Du musst keine Frau sein, um diese Dinge zu mögen oder zu tun! Als Beispiele fallen mir spontan Harry Styles, Mark Bryan und Jonathan van Ness ein. Sie alle tun typisch „weibliche“ Dinge, ohne dabei weiblich zu sein.
  3. Also das mit den Beziehungen ist nicht so einfach. Aber das Gute ist, dass du das auch nicht so genau wissen musst. Eine freundschaftliche Beziehung ist nicht weniger Wert als eine romantische Beziehung, und es gibt auch ganz viele andere Arten von Beziehungen, die weder freundschaftlich noch romantisch sind. zB eine queerplatonische Beziehung, die sowohl Elemente von romantischen als auch platonischen Beziehungen beinhalten kann. (Welche Elemente das genau sind, hängt von den Personen in der Beziehung und deren Grenzen und Wünschen ab). Keine dieser Beziehungen ist mehr oder weniger Wert, als eine andere, daher gibt es auch keine „halben Sachen“, solange du die Beziehung ernst nimmst, und dich emotional auf deine*n Partner*in einlässt. Mit der Zeit wirst du auch merken, was für dich passt, und wie du diese Handlungen und Gefühle dann nennen willst.
    Ich verstehe aber auch, dass du das lieber zuerst für dich selbst herausfinden möchtest, bevor du dich in Situationen begibst, die vielleicht für dich oder die andere Person unagenehm sein können, oder eine*r von euch dann enttäuscht ist. Dazu kannst du dich fragen, was du dir von einer Person und/oder einer Beziehung (mit dieser Person) wünscht, und was sich weniger richtig anfühlt. Möchtest du mit dieser Person Händchen halten? Willst du diese Person küssen? Wie geht es dir, wenn du Zeit mit der Person verbringst? Ändern sich deine Gefühle, wenn du dir vorstellst die gleichen Handlungen/Aktivitäten mit der Person als Pärchen oder als enge Freund*innen zu tun?
    Das sind nicht unbedingt Fragen, die du leicht beantworten kannst, aber auch wenn du länger daran knabberst kann das helfen. Irgendwann wirst du merken, dass manche Dinge für dich besser passen als andere.
  4. Es wirkt jetzt vermutlich noch nicht absehbar, aber eines Tages wirst du mehr Menschen um dich herum haben, als nur deine homofeindlichen Klassenkamerad*innen. Ich bin mir sicher, dass du dann auch eine Person wirst finden können, mit der du dir eine Beziehung vorstellen kannst.
    Vielleicht möchtest du auch mal bei uns im Regenbogenchat vorbei schauen? Da sind viele queere Jugendliche, denen es ganz ähnlich geht, wie dir!
    Außerdem kannst du dir vielleicht mal den Begriff „girlfag“ anschauen, und gucken, ob das zu dir passt.
    Und: Menschen mit Brüsten und Penis existieren. Manche von ihnen sind Männer, manche Frauen, manche intergeschlechtlich oder nichtbinär oder ganz ohne Geschlecht. Aber es ist selten eine gute Idee, die Wahl einer Partnerperson vor allem an den Genitalien fest zu machen. Dann gerät man allzu schnell in Gefahr, eine Personengruppe zu fetischisieren. Und was für Sex man mit einer Person haben kann, dafür sind die Genitalien auch meistens zweitrangig.
    Ich wünsche dir viel Glück bei der Suche nach einer Person, die zu dir passt!

Ich hoffe, ein paar dieser Denkanstöße konnten dir helfen!
Liebe Grüße,

Elias & Lily

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