HIV und AIDS – Teil 1: Grundlagen

Heute, am 01.12.2022, ist wieder Welt-AIDS-Tag. Das ist eine gute Gelegenheit, mehr über HIV und AIDS zu lernen. Morgen posten wir einen Beitrag, in dem es um die AIDS-Krise in Deutschland geht, denn diese Geschichte ist für junge queere Menschen oft unsichtbar. Wir danken der Deutschen AIDS-Hilfe für ihre Unterstützung bei diesen Beiträgen. Und am 09.12. um 17 Uhr gibt es einen gemeinsamen Livestream mit der Deutschen Aids-Hilfe, um alle eure Fragen zu HIV und AIDS zu beantworten.

Was ist eigentlich HIV? Und was ist der Unterschied zu AIDS?

HIV steht für „Human Immunodeficiency Virus“ (auf Deutsch „Menschliches Abwehrschwäche-Virus“). Dieses Virus kann die Krankheit AIDS auslösen. AIDS steht für „Acquired immune deficiency syndrome“ (auf Deutsch „Erworbenes Abwehrschwächesyndrom“). Das HI-Virus schadet dem menschlichen Körper, indem es bestimmte Zellen des Immunsystems kapert und zerstört, vor allem die so genannten T-Lymphozyten. Diese T-Lymphozyten helfen dem Körper, Krankheiten zu besiegen. Wenn eine Infektion mit HI-Viren nicht behandelt wird, kollabiert das Immunsystem einer Person nach und nach und AIDS bricht aus. Das lässt sich aber heute zum Glück verhindern: Es gibt Medikamente, so dass Menschen, die HIV-positiv sind, leben können wie andere Menschen auch. 

HIV kann anfangs Symptome auslösen, die leicht mit einer Grippe oder einer anderen Infektion verwechselt werden können, zum Beispiel Abgeschlagenheit, starker Nachtschweiß, Durchfall, Lymphknotenschwellungen und Hautausschlag. Manchmal bleiben diese Symptome aber auch aus. Bei einer AIDS-Erkrankung schließlich kommt es zum Beispiel zu bestimmten Krebserkrankungen, wie zum Beispiel das Kaposi Sarkom, und Lungenentzündungen oder starken Pilzinfektionen in der Luft- und der Speiseröhre. Von AIDS spricht man auch dann, wenn eine Person keine der gerade genannten Symptome hat, aber die Zahl der T-Helferzellen des Immunsystems bei weniger als 200 pro Mikroliter Blutserum liegt – als normal gelten 300–2.200. T-Helferzellen erkennen normalerweise Krankheitszellen und sind deswegen ein wichtiger Teil des Immunsystems.

Weltweit sind etwa 37 Millionen Menschen HIV-positiv, in Deutschland sind es etwa 90.000. Jährlich stecken sich in Deutschland mehr als 2.000 Menschen mit HIV an. Das Thema HIV ist insbesondere für die queere Community wichtig, da zwei Drittel der HIV-Neuinfektionen schwule und bisexuelle Männer betreffen. Außerdem sind in den USA ca. ein Drittel der trans Personen HIV-positiv. Wie viele trans Personen in Deutschland betroffen sind, ist unbekannt, dazu werden leider keine Zahlen erhoben.

Rund 11.000 Menschen in Deutschland wissen nichts von ihrer Infektion und können deswegen auch nicht behandelt werden. Unsere wichtigste Botschaft zum Thema HIV lautet deswegen: Lass dich regelmäßig testen! Für Männer die Sex mit Männern und anderen HIV-Risikogruppen haben wird ca. ein Test im Jahr empfohlen – und für alle immer nach einem Risikokontakt.

Wie wird HIV übertragen?

HIV wird in den allermeisten Fällen über ungeschützten Sex übertragen. Aber: HIV kann nur dann übertragen werden, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Das Virus muss in den Körperflüssigkeiten der HIV-positiven Person präsent genug sein und
  2. Das Virus muss in ausreichender Menge in den Blutkreislauf der HIV-negativen Person gelangen können. Dies geschieht beispielsweise über die Schleimhäute in der Vagina oder im Po.

Also: Das HI-Virus wird über bestimmte Körperflüssigkeiten übertragen, d.h. über Blut, inklusive Menstruationsblut, Sperma, Vaginalflüssigkeit, Analflüssigkeit, Eiter und Stillmilch. Wer also ungeschützt Sex hat, auch anal oder vaginal – kann sich mit HIV anstecken. Ein geringeres Risiko besteht, wenn Sperma in den Mund gelangt. Beim Geschlechtsverkehr kannst du dich zum Glück mit Kondomen oder Medikamenten vor einer Ansteckung mit HIV schützen!

Außerdem kann ein gemeinsamer Gebrauch von Spritzen und Konsumutensilien beim Drogenkonsum, oder eine Blutspende von HIV-positiven Personen zu einer Ansteckung führen. Eine Übertragung ist auch bei Schwangerschaft und Geburt theoretisch möglich – das passiert aber heutzutage faktisch nie. Durch Speichel, Tränen, Schweiß, Urin, Kot und Erbrochenes kann HIV nicht übertragen werden. Auch im ganz alltäglichen Umgang miteinander, bei Umarmungen, gemeinsamem Sport-Training, Schwimmen, Essen, bei der Arbeit oder wenn dich eine HIV-positive Person anniest oder anhustet, kann HIV nicht übertragen werden.

Wenn eine Person sich mit HIV infiziert hat, vermehren sich die HI-Viren erstmal sehr stark. Die Übertragungsgefahr für andere Personen ist in diesem Zeitraum ganz besonders hoch. Außerdem treten meistens sehr unspezifische Symptome auf, die sich wie eine Grippe anfühlen können. Danach hat sie normalerweise für mehrere Monate bis Jahre keine Symptome, obwohl sich der HI-Virus in dieser Zeit trotzdem weiter vermehrt und das Immunsystem schädigt. Erst dann bricht irgendwann AIDS aus.

Wie kann ich mich schützen?

Egal, welche sexuelle Orientierung oder welches Geschlecht du hast, du kannst dich mit HIV anstecken. Zum Glück gibt es gute Möglichkeiten, sich zu schützen. Man spricht dann von Safer Sex.

Es gibt drei Schutzmöglichkeiten beim Geschlechtsverkehr:

  • Kondome und Lecktücher – sie reduzieren auch das Risiko anderer sexuell übertragbarer Infektionen
  • Die vorbeugende Einnahme von HIV-Medikamenten
  • Die Schutzwirkung der Medikamente HIV-positiver Partner*innen. Unter Therapie ist eine Übertragung nämlich nicht möglich!

Und grundsätzlich ist regelmäßiges Testen eine gute Idee. Also: Du kannst also wählen, welcher Schutz für dich und die Situation am besten passt. Oft ist es auch sinnvoll mit den Sexpartner*innen darüber zu sprechen. Mehr Informationen zu Safer Sex findest du in unserer Safer Sex Broschüre und bei der Deutschen AIDS-Hilfe.

Wenn du nicht HIV-positiv bist, aber z.B. oft Sex mit Menschen hast, deren HIV-Status du nicht kennst, kannst du dich mit PrEP schützen. PrEP steht für „Prä-Expositions-Prophylaxe“. Das ist ein Medikament, das eine Ansteckung mit HIV verhindert. Mehr Informationen bekommst du in spezialisierten ärztlichen Praxen und Ambulanzen.

Außerdem ist eine Übertragung nicht mehr möglich, wenn HIV-positive Partner*innen Medikamente gegen die HIV-Infektion einnehmen und deswegen kein Virus mehr im Blut nachweisbar ist

Ich glaube, ich habe mich angesteckt… was soll ich jetzt tun?

Erstmal durchatmen: HIV ist heutzutage bei rechtzeitiger Diagnose und frühem Therapiebeginn gut behandelbar.

Wenn du vor sehr kurzer Zeit einen Risikokontakt hattest, kannst eine sogenannte Post-Expositions Prophylaxe (PEP) bekommen, eine Art Pille danach für HIV. Damit kann eine Ansteckung meist noch vermieden werden. Die Einnahme der Medikamente sollte so früh wie möglich beginnen, idealerweise 2-24 Stunden nach der möglichen Übertragung und allerspätestens 48 Stunden danach. Du bekommst die PEP in spezialisierten Arztpraxen und Ambulanzen.

Wenn du dich mit HIV oder einer anderen sexuell übertragbaren Infektion angesteckt haben könntest, geh am besten zu deinem*r Ärzt*in. Wenn das Risiko erst kurze Zeit zurück liegt und du Symptome hast, geh am besten sofort, denn eine sehr frühe Therapie kann nützlich sein. 6 Wochen nach einer möglichen Ansteckung kann eine HIV-Infektion sicher ausgeschlossen werden. Einen Selbsttest für Zuhause gibt es inzwischen auch zu kaufen, der kann aber erst 12 Wochen nach einer möglichen Ansteckung eine sichere Antwort geben.

Alternativ kannst du auch zum Gesundheitsamt oder zu einer Aidshilfe in deiner Nähe gehen. Dort wirst du kostenlos oder kostengünstig und anonym auf HIV getestet. Sollte der Test positiv ausfallen, bekommst du dort Unterstützung und Hilfe für alle weiteren Schritte. Bestimmte Infektionen, wie HIV sind meldepflichtig, d.h. dass alle nicht-amtlichen Teststellen personenbezogene Daten erheben. In Gesundheitsämtern sind Tests für STIs (also auch HIV) aber anonym möglich.

Ist Aids heilbar?

Dank der Therapie können HIV-positive Menschen heute ein fast uneingeschränktes Leben führen und können mit der Infektion alt werden.

Und damit kommen wir zum Ende des ersten Teils – jetzt habt ihr erfahren, was HIV und Aids sind, wie HI-Viren übertragen werden und was bei einer möglichen Infektion zu tun ist. Im nächsten Beitrag sprechen wir über die sogenannte AIDS-Krise in den 1980er und 1990er Jahren und was sie für die queere Community in Deutschland bedeutet hat.

Fragen?

Hast du noch Fragen zu HIV, AIDS und der AIDS-Krise? Dann schreib sie gerne hier in die Kommentare. Wir veranstalten gemeinsam mit der deutschen AIDS-Hilfe am 9.12. um 17 Uhr einen Livestream, in dem wir alle eure Fragen beantworten.

 

Quellen & Literatur

Barker, Meg-John / Scheele, Julia (2018): Queer. Eine illustrierte Geschichte. Münster: unrast Verlag.

The Boston Women’s Health collective (Hrsg.): Our Bodies, ourselves. New York: Touchstone.

Deutsche AIDS-Hilfe (Hrsg.): HIV/Aids, Hepatitis und Geschlechtskrankheiten. Basisinformationen zu Übertragung, Schutz, Diagnostik, Behandlung. https://www.aidshilfe.de/shop/pdf/10373

Deschamps, David / Singer, Bennett (2017): LGBTQ stats. Lesbian, gay, bisexual, transgender, and queer people by the numbers. New York: The new press.

Méritt, Laura (Hrsg) (2014): Frauenkörper neu gesehen. Ein illustriertes Handbuch. Berlin: Orlanda Frauenverlag.

Reichert, Martin (2018): Die Kapsel. Aids in der Bundesrepublik. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Strub, Sean (2014): Body Counts. A Memoir of activism, sex and survival. New York: Scribner.

Tümmers, Henning (2017): AIDS. Autopsie einer Bedrohung im geteilten Deutschland. Götingen: Wallstein Verlag.

https://www.aidshilfe.de

 

Zum Weiterlesen

Thörner, Daniela (2015): Safer Sex – und wie machst du das so? praktisch. sicher. sexy. Ein Handbuch. https://www.daniela-thoerner.de/projekte/safer-sex-handbuch/

TransRecht e.V. (Hrsg): Trans*Sexualität. Informationen zu Körper, Sexualität und Beziehung für junge trans* Menschen. https://trans-recht.de/wordpress/wp-content/uploads/2018/01/trans_sexualitaet_broschuere_web.pdf

Für mehr Infos: iwwit.de

Für HIV-kompetente Ärzt*innen: https://www.dagnae.de/aerzte/

Für PreP-ÄrztInnen: https://www.iwwit.de/prep/kosten-woher-prep-bekommen

Für PEP-Stellen/Infos: https://www.iwwit.de/pep

 

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