Was ist eigentlich BDSM?

CN: In dem Beitrag geht es um sexuelle Handlungen, Fetische und individuelle körperliche Vorlieben. Der Artikel enthält keine pornografischen Bilder oder Videos. Die verwendete Sprache ist aber direkt und benannt durchaus explizite Handlungen. Bitte pass beim Lesen auf dich auf.

BDSM hat erst einmal nichts direkt mit queer sein zu tun und doch laufen auf vielen großen CSDs auch Menschen mit, die sich kinky auf die Fahne schreiben.

Ein Grund, einmal hinter die Kulissen zu schauen und zu erklären, was BDSM eigentlich bedeutet.

Die englische Abkürzung steht für:
BD = Bondage & Discipline (dt. Bondage & Disziplin)
DS = Dominance & Submission (dt. Dominanz & Unterwerfung)
SM = Sadism & Masochism (dt. Sadismus & Masochismus)

Kinky & Fetisch = Eine besondere Vorliebe für etwas haben, zum Beispiel Materialien wie Latex, Leder, Nylon

Vieles, was mit BDSM & Fetischen zu tun hat, sind individuelle, oft (aber nicht immer) sexuelle, Präferenzen. 

Dabei ist es ganz wichtig, dass diese, wie jede andere körperliche wie sexuelle Handlung, im Konsens stattfinden, also im gegenseitigen Einvernehmen. 

Deshalb ist es auch sehr gängig, eine zeitlich begrenzte und vordefinierte Art der BDSM-Handlung als „Spiel” oder im Englischen als „Session” zu benennen. (Sexuel-)Partner*innen „spielen miteinander”, währenddessen oder auch danach muss es allerdings nicht unbedingt zu mehr als diesen Handlungen kommen, wie zum Beispiel penetrativem Sex. 

Deshalb ist es ganz wichtig, dass alle Beteiligten, die in ein BDSM-Spiel mit einbezogen werden, vorher miteinander reden. Dazu gehören, neben dem konsensualen Wunsch, gemeinsam zu spielen, auch: eine genaue Absprache von individuellen Wünschen, Vorlieben (für Kleidung, Spielarten, Licht, Farben…), Abneigungen, No-Go´s und Tabus für alle Betroffenen sowie die Definition eines Rahmens, sei es die zeitliche Dauer, der Ort, das Spielzeug, das verwendet wird usw.

Als Spielzeug & Kleidung gilt erst einmal alles, was allen Beteiligten Spaß macht, ist gut; das können sein: Seil, Schlagwerkzeuge (Paddle, Peitschen, Gerten, Rohrstock, aber auch die Hand der*des Partner*s*innen), Augenbinde, Federn, Fesseln, Sexspielzeug, Klemmen, Lederröcke, Corsagen, Korsetts, Nylons, Stiefel, u.v.m.

Gerade im Gespräch vorher ist es zudem wichtig über einen Safety Check zu sprechen: Das betrifft nicht nur die Verhütung, wenn es zu sexuellen Handlungen kommen soll, in Form von Kondomen, Lecktüchern und Handschuhen, sondern besonders auch bei BDSM-Spielarten zu überlegen:

  • Wie funktioniert eigentlich die Anatomie eines Menschen? – Hier gilt grob und vor allem für Anfänger*innen: 
    • Macht nichts halsaufwärts (inkl. Hals selbst)
    • Macht keine Dinge, die die Nerven abbinden/abschnüren könnten 
    • Macht nichts, was langanhaltende Verletzungen mit sich zieht oder sogar irreversibel sein kann.
  • Wie bekomme ich ein Seil aufgeschnitten, wenn Spielpartner*innen Gliedmaßen einschlafen, taub werden, die Spielperson einen Krampf, Hustenanfall o.ä. bekommt?
    • Oft wird eine Verbandsschere aus dem Erste-Hilfe-Verbandskasten empfohlen, die kommt allerdings nicht durch alle Seile immer gleich gut durch.
    • Am besten sind Rettungsscheren (z.B. eine Robin Safety Boy-Schere) oder Gurt-Cutter.
    • Macht euch vor dem Spiel damit vertraut, wie es ist Seil durchzuschneiden und habt sie beim Spielen unbedingt immer griffbereit liegen! (Gleiches gilt übrigens auch für Schlüssel von Handschellen! Die Feuerwehr hat sicherlich keine Hemmungen sie zu öffnen, aber ihr vielleicht, dass die Feuerwehr euch überhaupt rettet. Also, Schlüssel immer griffbereit haben und vorher mehrfach das Auf- und Abschließen üben!)
Zwei Seile und eine Seilschere
Symbolbild: 2 Seile und eine gute Seilschere dazu.
  • Wie fühlen sich die verschiedenen Spielzeuge an, z.B. Schlagwerkzeuge o.ä.?
    • Probiert ggf. selbst bei euch zuerst aus, wie sich Dinge anfühlen, bevor ihr das bei anderen macht. Bekommt so ein Gefühl für das, was ihr machen wollt.
  • Macht unbedingt ein sogenanntes Safeword aus, wenn ihr zusammen spielt, d.h., wenn dieses Wort fällt, wird das Spiel sofort abgebrochen, ohne Wenn und Aber und ohne weitere Diskussionen!
    • Im internationalen Sprachgebrauch ist: Mayday sehr gängig, hier könnt ihr aber kreativ sein. Wichtig: „Nein” und „Stopp” sind keine eindeutigen und guten Safewords und eine lateinisch schwer auszusprechende Chemikalie ist auch eher ungeeignet. Nehmt: Gänseblümchen, Schokokuchen oder Mausezahn oder was euch auch sonst immer einfällt, was keinen sexuellen Zusammenhang hat.
      
    • Ihr könnt auch ein Ampelsystem ausmachen, d.h. zwischendurch einfach mal „grün” rufen, wenn alles in Ordnung ist, „gelb” als gerade so okaye Grenze, die nicht überschritten werden sollte und „rot” für Abbruch. Auch hier gilt: Sofort abbrechen, sobald „rot” gesagt wird, ohne Wenn und Aber und Diskussion.
  • Wenn Partner*innen geknebelt und gefesselt sind und gerade nichts sagen können…?
    • Gebt den Spielpartner*innen etwas in die Hand, das laut ist/Geräusche macht, zum Beispiel Glöckchen, eine Rassel, o.ä. Sobald die fallen gelassen wird. ist Schluss mit dem Spiel…
      
    • … oder ihr vereinbart: wenn „Atemlos” von Helene Fischer gesummt wird, ist Schluss mit dem Spiel.

Ihr seht: die Kreativität ist grenzenlos beim BDSM und zuweilen kann und wird es auch mal lustig, unbeholfen oder auch etwas tollpatschig zugehen. Das passiert allen mal – egal, ob Anfänger*in oder schon geübt in manchen Spielarten und darf auch so sein. Es ist ein Spiel, das ihr euch individuell zusammen stellt und das ihr euch aussucht, weil es euch Spaß machen soll.

Wichtig: ihr seid nicht alleine mit euren Vorlieben und deshalb gibt es deutschlandweit jede Menge Stammtische, wo sich Menschen treffen, die BDSM mögen – meistens an sehr neutralen Orten wie Restaurants oder Cafés in ebenso neutraler Kleidung (ganz ohne Lack/Leder/Latex).

Bis ihr 27 Jahre alt seid, bietet sich die SMJG als Anlaufstelle für euch an für weitere Informationen zu BDSM, persönlichen Treffen/Gruppen in der eigenen Stadt und allen Fragen, die ihr sonst noch so rundum das Thema habt.

Wer sich auch offline weiter informieren möchte, es gibt sehr empfehlenswerte Literatur zu dem Thema:

BDSM, allgemein

Matthias T. J. Grimme: Das SM-Handbuch https://www.amazon.de/SM-Handbuch-aktualisiert-erweitert-Black-Label/dp/3931406806 (Buch, Deutsch)

Kathrin Passig und Ira Strübel: Die Wahl der Qual https://www.amazon.de/Die-Wahl-Qual-Handbuch-Sadomasochisten/dp/3499624087 (Buch, Deutsch)

Bondage

The Knotty Boys: Showing you the ropes https://www.amazon.de/B002IYX8ZK-Kindle-Shop/s?k=B002IYX8ZK&rh=n%3A530484031 (Bücher, Englisch)

Matthias T. J. Grimme: Das Bondage Handbuch https://www.amazon.de/Das-Bondage-Handbuch-Anleitung-einvernehmlichen-Fesseln/dp/3931406717 (Buch, Deutsch)

Queere Comicreihe

Stjepan Sejic, Sonnenstein: https://paninishop.de/sonnenstein-erotik-comics/sonnenstein-1-ydsuns001

 

Disclaimer: BDSM findet im Einvernehmen statt und ist deshalb keine sexualisierte Gewalt. Da es aber dennoch auch zu Körperverletzungen kommen kann, seid bitte besonders achtsam mit eurem Gegenüber und sprecht ausführlich miteinander – vorher, währenddessen und auch nachher – eine Nachsorge nach einem BDSM-Spiel ist genauso wichtig wie die Gespräche vorher. Dazu zählt abzuklären, ob alles in Ordnung war für alle Beteiligten, ob es allen gut geht, ggf. viel Körpernähe, wenn gewünscht und unbedingt ein Glas Limonade oder anderes zuckerhaltiges Getränk bereitstellen, denn ein BDSM-Spiel ist, so toll es auch sein kann, kräftezehrend. Da gibt Zucker ein bisschen Energie zurück.

 

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Eine Antwort

  1. 3. Februar 2020

    […] – Unser Blog wird nun von zwei neuen Menschen im Team betreut und hat schon einen neuen Artikel – eine kurze Einführung in BDSM: https://queer-lexikon.net/2020/01/31/was-ist-eigentlich-bdsm/  […]