Kummerkastenantwort 2.404: Bin ich vielleicht trans?

Hallo , ich brauch dringend euren Rat und versuch mich so kurz wie moeglich zu halten. Ich bin gute 29 jahre und stelle mittlerweile mein ganzes leben in frage. Als kind hat ich immer kurze haare und wa mehr junge als maedchen. Ich sagte damals auch zu meiner mutter das ich ein junge sein will und wollte auch immer und unbedingt nen Schlagzeug haben. (Wunsch nie erfuellt gekriegt 🙁 ) Das ging tief bis in die Grundschule. Habe auch lieber mehr mit dem nachbarsjungen gespielt , außer das Maedchen hatte auch damals nen jungenhaftes verhalten. Pupertaets maeßig , damals wie heute, verachte ich meine brueste. Ich brauch die einfach nich und hasse sie. Ich muss dazu sagen ,das ich 3fache mutter bin , ich schon son bisschen angst habe. Meine schwangerschaften verliefen alle gut, aber ich habe sie alle 3 gehasst. Damals so wie heute , also 29 jahre, kleide ich mich konstant in Hoodie, jogger/jeans und sneaker (hasse alles was mit weiblichkeit zu tun hat) , das einzigste was ich habe , sind bisschen kuerzer als schulterlangehaare die i mir auch abschneiden muss, weil i mich nich in langen haare ertrage. Der sex macht mir seid jahren kein spaß und es is mehr wie son „i lass es ueber mich ergehen“ … seid 2 jahren beschaeftige ich mich nun mit diversen themen. Ich stelle immer mehr fest das ich zwar eine beziehung will, aber nicht so wie ich bin. Habe viele krasse traeume/tagtraeume wo ich mann bin/darstelle. Jeder kennt die Sims (konsolenspiel) das i seid meiner kindheit zocke. Ich erstelle mir immer wieder schwule Maenner. Auch generell bin i in spielen , egal welcher art der Mann und wenns romantische beziehungen gibt, mach ich den char jedesmal schwul. Dieses „normale“ ertrage ich nich. Da ich mittlerweile auch ueberfordert mit mir selbst bin ,hab ich mir einen therapeuten gesucht, Leider hat sie erst (wenn ueberhaupt) in 3 monaten ein platz 🙁 wie kann man sich sicher sein wegen trans? Ich meine wir reden ueber lebenslanger Hormon einnahme 🤔

Hey Du!

Erstmal wow. Das klingt, als wärst du gerade in einer emotional furchtbar anstrengenden Situation! Dafür wünsche ich dir ganz viel Kraft.

Leider gibt es kaum einen Weg, sich zu 100% sicher zu sein, dass eins trans ist oder nicht. Ich lebe selbst seit Langem als geouteter trans Mann, mein Outing und meine Transition haben meine Lebensqualität unvorstellbar verbessert – und trotzdem kommen mir ab und an mal Zweifel. Das ist vollkommen normal und es ist auch wichtig, sich Raum für diese Zweifel zu geben.

Gleichzeitig gilt aber auch: die wenigsten cis Menschen denken so sehr über sein Geschlecht nach. Für die wenigsten cis Menschen spielen die Dinge, die du in deiner Nachricht beschreibst, überhaupt eine derart gravierende Rolle. Dass du dich so stark mit deinem Geschlecht auseinander setzt, wird einen Grund haben und allzu oft ist der Grund dafür eben: Du bist trans.

Das Ausprobieren von anderen Geschlechtern in Videospielen ist übrigens auch etwas, das unter ungeouteten und questioning trans Menschen sehr verbreitet ist.

Es gibt verschiedene Beratungsstellen für trans Menschen. Wir richten uns mehr an queere Kinder und Jugendliche, aber z.B. die Trans*Inter*Beratungsstelle und die dgti haben Beratungsstellen, die dir eventuell helfen können, die Zeit bis zum Therapiebeginn zu überbrücken. Falls di*er Therapeut*in, wo du grade auf der Warteliste stehst, keine Erfahrung mit Transgeschlechtlichkeit hast, empfehle ich dir außerdem dringend, direkt einen weiteren Therapieplatz bei jemandem mit trans Erfahrung zu suchen. Listen solcher Therapeut*innen findest du beispielsweise auf Queermed. Das hilft im späteren Verlauf, eventuelle Wartezeiten zumindest zu verkürzen.

Zuletzt noch eine Sache:
Selbst, wenn du ein trans Mann bist, bedeutet das nicht, dass du dein Leben lang Hormone einnehmen musst, wenn du das nicht möchtest. Manche trans Männer nehmen keine Hormone oder setzen diese nach einer Zeit wieder ab, und sind deswegen trotzdem nicht weniger trans. Sämtliche Schritte einer Transition sind persönliche Entscheidungen. Der einzige Punkt, an dem man sich zu einer ‚lebenslangen‘ Hormoneinnahme entscheidet, ist die Entfernung von Uterus und Eierstöcken. Dann produziert der Körper nämlich keine eigenen Estrogene mehr, und man muss entweder diese oder Androgene (also z.B. Testosteron) von außen zuführen.

Die meisten trans Menschen in meinem Umfeld (mich eingeschlossen) berichten aber, dass die Hormoneinnahme ihre Lebensqualität erheblich gesteigert hat und das die Umständlichkeit, die Hormone einnehmen zu ‚müssen‘, dutzendfach wett macht.

Ich wünsche dir viel Glück auf deinem weiteren Weg!
Alles Liebe,

Elias

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