Kummerkastenantwort 3.842: Wie kann ich mein Geschlecht benennen?

Schon immer, war ich kein typisches Mädchen bzw bin keine typische Frau. Obwohl ich mich durchaus als vom Geschlecht weiblich empfinde, insbesondere sexuell. Aber ich hatte schon immer einen Hang zu “Jungs- bzw. Männerkram”. Seitdem die ganze Debatte um Trans und gender usw zunimmt und bekannter wird, denke ich viel, habe mich in die Begriffe und Bedeutungen eingelesen und an irgendeinem Punkt dachte ich mir so: Dann bin ich auch nichtbinär. Irgendwie. Und habe versucht, genauer rauszufinden, inwiefern und was genau. Ich denke überwiegend und meistens weiblich, aber mit wechselnder Intensität und einem bisschen männlich, das aber auch nicht immer gleich ausgeprägt. Was wäre das dann? Ich fand die Begriffe paragirl, das beschreibt das eine. Und genderfluid und genderflux bzw fluidflux. Was auch zutreffend klingt, gerade letzteres. Ich würde mich dann wohl als paragirlfluidflux bezeichnen. Ist das dann eigentlich noch nichtbinär, trotz weiblicher und männlicher “Anteile”? Und ist das damit vereinbar, dass ich es unterm Strich in Ordnung finde, als Frau gesehen zu werden und mich trotz allem auch meistens und überwiegend so fühle?
Mein Problem ist gerade aber, dass paragirlflux überall definiert wird als überwiegend weiblich und sonst agender. Aber bei mir ist es ja überwiegend weiblich, mit manchen männlichen Tendenzen, wobei halt beides in seiner Intensität veränderlich ist. Ist paragirlfluidflux also verkehrt? Oder kann ich das entsprechend erweitern, um klarstellen, dass ich mich nicht agender, sondern männlich fühle, aber eben nur ein bisschen, so quasi libraboy? Wobei da ist das Problem das gleiche, auch hier wird definiert als überwiegend agender und ein bisschen männlich. Also ist paragirl-libraboy-fluidflux korrekt. Oder gibt es eine Beschreibung, die genauer zutrifft?
Ich möchte bitte nicht als Antwort hören, dass nur ich mich definieren kann. Es geht darum, ob meine Beschreibung aussagt, was ich ausdrücken möchte.

Hi!

Deine Frage ist mit dem Nachsatz leider kaum zu beantworten. Die Definitionen von Labeln sind häufig sehr schwammig, manche Label überlagern sich sich so stark, dass sie fast das gleiche sind und manchmal beschreibt das gleiche Label bei verschiedenen Personen sehr unterschiedliche Dinge. Das kann eine große Schwäche sein, wenn sich Personen möglichst präzise Sprache wünschen oder die Sicherheit, dass jemand mit Ahnung über ihre Erfahrungen geschaut und ihnen das dazu passende Label aufgestempelt hat. Die Realität queerer Identitäten kann aber nicht in sauber getrennte Kategorien gepackt werden. Dazu sind auch einfach Gefühle viel zu subjektiv. Was sich für dich weiblich anfühlt, kann sich für eine andere Person männlich anfühlen, während sich eine dritte fragt, was das denn bitte mit Geschlecht zu tun haben soll. Und das ist vollkommen ok so. Also ja, definieren kannst das nur du. Ich geb dir gerne noch ein bisschen weiteren Input, aber eine definitive Antwort kann ich dir nicht geben, egal wie sehr ich das will oder nicht.

Also. Ist das noch nicht-binär, wenn da weibliche und männliche Anteile sind? Ich würde sagen ja. Das liegt aber daran, dass meine Definition von nicht-binär ist, dass jemand nicht, nicht immer oder nicht ausschließlich das gleiche binäre Geschlecht hat. Es gibt aber auch Leute, die das komplett anders sehen würden.

Sind die Begriffe, so wie du sie benutzt, korrekt? Das setzt auch wieder voraus, dass es eine einheitliche Definition gibt und dass das eigene Erleben von Geschlecht bei allen Menschen gleich ist. Mein Verständnis von -flux war, dass es sich grade durch den agender Aspekt von -fluid unterscheidet. Aber wenn flux sich für dich besser anfühlt, dann ist das wahrscheinlich trotzdem der passendere Beriff für dich, mal ganz abgesehen davon, dass mein Verständnis da vollkommen falsch sein kann.

Kannst du Begriffe erweitern, wenn sie nicht richtig passen? Absolut. Misch dir Label zusammen oder erfinde ganz was neues, wenn dir das gut tut.

Gibt es eine genauere Beschreibung? Jein. Ich kenne spontan kein Label, dass perfekt das bedeutet, was du beschrieben hast. Aber es gibt eine Beschreibung, die das tut… Nämlich deine Beschreibung. Die “großen” Label werden nicht zu 100% auf die meisten Leute passen, die sie benutzen, und selbst microlabel sind oft eher das, was am nächsten dran kommt. Es ist ok, wenn du auf Nachfrage sagst, dass du eine Frau bist oder nicht-binär oder paragirlfluidflux oder paragirl-libraboy-fluidflux. Es ist auch ok, wenn du zurückfragst, ob sie grade eine halbe Stunde Zeit haben oder ob ihnen “es ist kompliziert” als Antwort reicht. Und es ist ok, wenn du das je nach Kontext anders beantwortest.

Ja ich weiß, das war im Endeffekt eine ausführlichere Variante von “du kannst das nur selbst definieren”. Ich hoffe, es hilft trotzdem ein wenig.
Liebe Grüße
Lir

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