Kummerkastenantwort 3.892: Bin ich trans?


Hi,
ich bin (mir nicht mehr sicher, ob ich) ein Junge (bin) und 16 Jahre alt. Das erste Mal, als ich den Gedanken hatte, dass ich lieber ein Mädchen sein würde, war ich 13. Zu diesem Zeitpunkt war es nur eine Idee, die ich auf pubertäre Neugier schob und an die ich für eine längere Zeit nicht mehr dachte. Mit der Zeit (da war ich so Ende 13/Anfang 14) trat der Gedanke öfter auf. Selbst da dachte ich nicht weiter darüber nach, dieser Gedanke kam “nur” unregelmäßig wenn ich abends im Bett lag. Zu dieser Zeit begann auch mein Bartwuchs und während des gesamten Onlineunterichts hatte ich in einen Schal bis zur Nase hochgezogen, um den Bartwuchs zu verbergen. Diese Abneigung gegen meine “typisch männliche” Behaarung und der anfangs beschriebene Wunsch führten sich weiter fort und mit Mitte 15 kam mir der Gedanke, dass ich vielleicht Trans sein könnte. Daraufhin recherchierte ich ein wenig zu dem Thema und wurde stark verunsichert: Zwar habe ich herausgefunden, dass eine Umorientierung bezüglich des Geschlechts mit der Pubertät beginnen kann, doch gleichzeitig erfuhr ich aus Erfahrungsberichten, dass Trans-Personen sich oft schon in ihrer frühen Kindheit unwohl in ihrem Geschlecht gefühlt haben. Und was soll ich sagen – das war bei mir einfach nicht der Fall… Also verwarf ich den Gedanken möglicherweise Trans zu sein. Da ich mich nun auch rasierte, fühlte ich mich wieder etwas wohler, doch der Wunsch weiblich zu sein blieb. Mit Ende 15 und jetzt 16 veränderte sich etwas: Wurden wir nun in der Schule nach Mädchen und Jungen eingeteilt, fühlte ich mich dabei unwohl, zu den Jungen gezählt zu werden. Mir sind meine männlichen Pronomen unangenehm geworden. Das scheint zwar erst recht eindeutig, doch ich denke nicht jeden Tag daran und es gibt Tage, da denke ich mir nichts dabei, wenn man mich mit meinen männlichen Pronomen anspricht. Ich erhoffe mir eine zweite Meinung und vielleicht einen Rat, wie ich mit der Unsicherheit umgehen soll. Bin ich Trans?

Huhu,

ich verstehe deine Unsicherheit gut. Gerade wenn du online viele Informationen findest und manche sich gegenseitig widersprechen fällt das sowieso schon schwere Thema rund um die eigene Identitätsfindung noch schwerer. Es stimmt, dass einige trans Menschen bereits in ihrer Kindheit merken, dass sie trans sein könnten, oder zumindest dass das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht nicht wirklich passt. Aber es gibt auch genau so viele trans Menschen, die es erst später merken. Und das macht sie nicht weniger trans. Es gibt auch genug Menschen die so etwas erst nach der Schulzeit, oder in der Rente bemerken. Und alle davon sind genau so trans wie diejenigen, die es schon früher wussten.

Du schreibst, dass du dich unwohl fühlst, wenn du z.B. zu den Jungen gezählt wirst, aber das es auch Tage gibt, an denen dir männliche Pronomen nichts ausmachen. Auch das ist relativ normal – dieses Unwohlsein nennen wir “Dypshorie”, und die ist nicht jeden Tag gleich stark/schlimm. An manchen Tagen kann sie echt heftig sein, und an anderen dafür praktisch nicht existent. Und auch das ist normal.

Schlussendlich schreibst du es ja selbst, “das scheint recht eindeutig”. Das ist deine Einschätzung, und ich glaube, du kannst auf das Gefühl vertrauen. Wir können dir leider nicht sagen, ob du wirklich trans bist, oder nicht. Das kann niemand so wirklich, außer du selbst. Wir können nur versuchen deine Ängste zu nehmen und deine Fragen zu beantworten.

Vielleicht hilft es dir, dich mit anderen queeren Jugendlichen auszutauschen? Vielen geht es ähnlich wie dir, und solche Gespräche können echt gut tun und helfen.

Du kannst z.B. mal schauen ob du auf unserer Karte eine Jugendgruppe in deiner Nähe findest, oder du besuchst unseren Regenbogenchat.

Liebe Grüße & viel Glück

Aurora

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